Ruhe vor dem Sturm in Buchsi?

Der Bund

Münchenbuchsee / Die Herausgeber der Broschüre «infrarot»fordern grösseres Engagement der Behörden gegen rechte Gewalt.

ivo gehriger

«Unsere Angst vor Vergeltungsaktionen ist so gross, dass wir anonymbleiben wollen», sagt der Münchenbuchser Thomas Reber*. Er istMitherausgeber der «unabhängigen» Broschüre «infrarot», die letztesWochenende in einer Auflage von 500 Stück erstmals an BuchserHaushalte verteilt wurde (der «Bund» berichtete). Zusammen mitrund einem Dutzend Beteiligter – alle im Alter zwischen 19 und 23Jahren und «politisch links orientiert» – will er das «Schweigen überrechte Gewalt in der Gemeinde» durchbrechen. Von den Politikernfordert er «adäquate Massnahmen» gegen die Übergriffe.

«Verwässerungspolitik»
Von über 20 Übergriffen Rechtsextremer allein in diesem Jahr weissReber zu berichten. Höhepunkte rechter Manifestationen seien sicherdie Versammlung von rund 150 Rechtsextremen aus der ganzenSchweiz am 15. April in der «Schützenstube» und die Pöbeleien einergrösseren Gruppe rechtsradikaler Skinheads am letzten Buchsi-Märitgewesen. Daneben lebten laut Reber viele Jugendliche in Buchsi inständiger Angst, von den Rechtsextremen, die sich vorwiegend imPub Red Rock aufhielten, bedroht oder – wie schon mehrere Malegeschehen – verprügelt zu werden.

Angesichts dieser «nicht totzuschweigenden» Vorkommnisse verstehtReber die Informationspolitik der Gemeinde nicht: Abgesehen voneinem Aufruf, die Fehlbaren anzuzeigen, hätten die Behörden nurgerade einmal und erst in der letzten Ausgabe des GemeindeblattesStellung bezogen. «Die Information wird den Problemen mitnichtengerecht. Die Gemeinde betreibt eine Verwässerungspolitik», sagtReber. Zu wenig weit gehen ihm auch die Massnahmen der Gemeindegegen die rechte Gewalt. «infrarot» fordert deshalb nebst einemgrösseren Engagement der Behörde Prävention in der Schule und dieAnstellung eines Dorfpolizisten. «Jetzt dauert es immer eine halbeStunde, bis die Polizei erscheint», begründet Reber die Forderung.

Bandi weist Kritik zurück
«Wir haben lange gar keine Kenntnis von den Übergriffen gehabt»,entgegnet Gemeindepräsident Walter Bandi den Vorwürfen. DieAhndung der Straftaten sei aber ohnehin Sache der Polizei. Bandi, der«Mühe mit der Anonymität» der «infrarot»-Macher hat, verurteiltauch deren Pauschalisierung: «Von einer Einschüchterung derBevölkerung kann keine Rede sein.» Die nötigen Schritte seienunternommen worden: In der Schule werde das Thema bereitsthematisiert und ein Dorfpolizist sei ohnehin im Gespräch. Zudemseien zwei rechte Aktivisten angezeigt worden.

Seit dem Buchsi-Märit habe sich die Lage entspannt, sagen sowohlReber wie auch Bandi. Während letzterer dies als Erfolg derGemeindepolitik ansieht, befürchtet Reber, dies sei nur die «Ruhe vordem Sturm». Diesen tatenlos abwarten wollen die «infrarot»-Leutenicht: In rund drei Monaten soll die zweite Ausgabe der Broschüreerscheinen.

* richtiger Name der Redaktion bekannt.