Rütli-Extremist droht Geldstrafe

Neue Luzerner Zeitung vom 09.09.2009

An der Pnos-Feier 2007 auf dem Rütli hat er eine Rede geschwungen. Ein Berner könnte aber nicht nur deswegen vom Gericht bestraft werden.

Von Markus Zwyssig

Für Sicherheit war gestern im und um das Gerichtsgebäude in Altdorf gesorgt. Mehrere Polizisten in zivil mit Knopf im Ohr standen vor dem Eingang. Personen, die der Verhandlung vor Landgericht Uri beiwohnen wollten, mussten sich ausweisen. Grund: Vor den Schranken des Gerichts hatte sich ein führendes Mitglied der rechtsextremen Szene zu verantworten. Er ist bei der Partei national orientierter Schweizer (Pnos) dabei und soll auch bei den Hammerskins mitmachen. Am 5. August 2007 sprach er auf dem Rütli vor rund 300 Gleichgesinnten beobachtet auch von der Urner Polizei, welche die Rede in Bild und Ton mitschnitt.

Applaus für Holocaust-Leugner

«Wir leben in einer Zeit, in der die Lüge regiert», hatte der 30-jährige Berner in seiner Rede gesagt. Und weiter: «Das Antirassismusgesetz wurde nur dafür installiert, um eine geschichtliche Lüge zu stützen und dem Schweizer das Aussprechen der Wahrheit zu verbieten.» Zudem nahm er Bezug auf einen vor ihm sprechenden Westschweizer, der bereits als Holocaust-Leugner verurteilt worden ist. «Wenn man bedenkt, was er alles durchmachen musste, um für die Wahrheit zu kämpfen, danken wir ihm nochmals mit einem kräftigen Applaus», forderte er die Menge auf. Für den Urner Staatsanwalt Bruno Ulmi war gestern klar: «Mit diesen Worten hat der Redner bewiesen, dass er den Holocaust ebenfalls leugnet.»

In der Nacht «Sieg heil» gerufen?

Weil das Verfahren zuerst in Uri aufgenommen worden war, hatte das Landgericht Uri gestern noch über einen weiteren Vorfall zu entscheiden. Im Bernischen soll der Angeklagte am 28. Dezember 2007 zusammen mit Kollegen die Nachtruhe gestört und morgens um 4.30 Uhr «Sieg heil!» gerufen haben, so der Vorwurf.

Der Staatsanwalt forderte für den 30-jährigen Berner wegen Rassendiskriminierung und Nachtruhestörung eine Geldstrafe von zehn Tagessätzen à 100 Franken bei einer Probezeit von drei Jahren . Zudem soll ihm eine Busse von 200 Franken aufgebrummt werden.

Verteidiger fordert Freispruch

Der Verteidiger zeigte sich vor Gericht verwundert. Hier gehe es doch vornehmlich um den angeblichen Holocaust-Leugner und nicht um seinen Mandanten, meinte er. Auf die im Bernischen begangene Nachtruhestörung sei nicht einzutreten. Bezüglich Rütli-Rede sei der Angeklagte von Schuld und Strafe freizusprechen.

Der Verteidiger sieht es nicht als erwiesen, dass wirklich der Angeklagte in jener Nacht im Bernischen «Sieg heil!» gerufen hat. Zudem sei der Spruch ja nicht von Nationalsozialisten erfunden, sondern vermutlich schon viel früher gerufen worden. Dabei sein bedeute nicht, die Nachtruhe gestört zu haben. Das Rassendiskriminierungsgesetz verstosse gegen die Bundesverfassung und schränke die Meinungsfreiheit in einem unverhältnismässigen Mass ein. Da bedürfe es einiges, damit es zu einem konkreten Straftatbestand komme. Das, was sein Mandant gemacht habe, reiche jedenfalls für eine Anklage nicht aus. Die Rede auf dem Rütli sei nicht rassendiskriminierend gewesen. Die zitierten Sätze seien aus dem Zusammenhang gerissen. Zudem gab der Verteidiger zu bedenken: «Die Feier auf dem Rütli ist ruhig und friedlich verlaufen. Die Polizei musste nicht intervenieren.»

Der Angeklagte selbst verweigerte gestern vor Gericht jede Aussage zu den ihm vorgeworfenen Straftatbeständen. Zum Schluss meinte er: «Es liegt mir fern, mich gegen eine Rasse oder ein Volk herabsetzend zu äussern.» Das Urteil wird den Parteien in den nächsten Tagen im Dispositiv schriftlich zugestellt.