Milde Urteile im Rechtsextremenprozess

 

Wegen Verjährung und mangelhafter Ermittlung kommen sieben junge Männer glimpflich davon

Sechs von sieben Angeklagten im Rechtsextremenprozess sind vom Strafgericht Baselland schuldig gesprochen worden. Die Strafen reichen von einer geringen bedingten Geldstrafe bis zu bedingten Freiheitsstrafen von zwei Jahren. Ein Angeklagter wurde freigesprochen.

 

Thomas Gubler

Es war ein für das Strafgericht in jeder Hinsicht schwieriger Prozess. Sieben junge Männer im Alter zwischen 21 und 28 Jahren, die zum Tatzeitpunkt der rechtsextremen Szene angehört hatten, waren diverser Gewaltdelikte angeklagt. Weil jedoch in verschiedener Zusammensetzung delinquiert wurde, war keine Anklage mit einer andern deckungsgleich. Entsprechend musste das Gericht auch sieben ziemlich verschiedene Urteile fällen.

Versuchte schwere Körperverletzung, einfache Körperverletzung, Raufhandel, Angriff, Rassendiskriminierung, Gewalt und Drohung gegen Behörden, Hinderung einer Amtshandlung und Tätlichkeit lautete der Deliktskatalog, dessen sich sechs von sieben Angeklagten in unterschiedlichem Masse schuldig gemacht haben.

Im leichtesten Fall resultierte ein Schuldspruch wegen Hinderung einer Amtshandlung mit einer bedingten Geldstrafe von fünf Tagessätzen à 110 Franken. Zwei Angeklagte wurden primär wegen versuchter schwerer Körperverletzung zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Zwei- mal zwölf Monate und einmal sechs Monate bedingt lauteten die drei andern Strafurteile. In einem Fall resultierte ein Freispruch – teils wegen Verjährung, teils weil die Vorwürfe nicht bewiesen werden konnten. Dieser Angeklagte erhielt zudem eine Entschädigung von 1500 Franken für 15 Tage Untersuchungshaft zugesprochen.

In der fehlenden Beweisbarkeit der zahlreichen Tathandlungen lag eine weitere Schwierigkeit dieses Prozesses. Gerichtspräsidentin Jacqueline Kiss rügte mehrfach die völlig ungenügende Ermittlungsarbeit: «Solche Fälle hätten ganz anders untersucht werden müssen.» Nach drei Jahren könne das Gericht «dieses Chaos» nicht mehr ordnen. Künftig, unter der neuen Strafprozessordnung, so Kiss weiter, würde eine solche Arbeit nicht mehr akzeptiert. Wie leichtfertig etwa die Aargauer Polizei mit solchen Fällen umging, zeigt der Umstand, dass einem Angeklagten nach der Entlassung der Gürtel mit Nazi-Emblemen wieder ausgehändigt wurde.

Blosse Anwesenheit

So war es für das Gericht in vielen Fällen sehr schwierig zu beweisen, dass ein Angeklagter nicht bloss «dabei gewesen ist», sondern auch eine Straftat begangen hat. Mit dem Resultat, dass in zahlreichen Einzelfällen Freisprüche mangels Beweisen erfolgten oder dass zugunsten des Angeklagten von der harmlosesten Variante ausgegangen werden musste. «Die blosse Anwesenheit einer Person kann und darf nicht für einen Schuldspruch ausreichen», sagte die Gerichtspräsidentin in der mündlichen Urteilsbegründung. Weitere Freisprüche erfolgten wegen Verjährung. Die meisten Angeklagten hätten mit ihren Urteilen «Glück gehabt», sagte Jacqueline Kiss.

Die Verteidiger hatten sich diese unklaren Situationen in der Verhandlung zunutze gemacht und in den meisten Fällen entweder vollumfänglich auf Freispruch oder auf die Ausfällung einer geringen Geldstrafe plädiert. Die Angeklagten schienen mit ihren Urteilen gleichwohl zufrieden. Von Zerknirschung war bei den meisten jedenfalls nichts zu spüren.