Reuiger Rechtsradikaler muss nicht die ganze Strafe absitzen

TagesAnzeiger

In zweiter Instanz reduzierte das Kantonsgericht Liestal das Strafmass gegen einen ehemaligen Rechtsextremen.

Von Jean-Martin Büttner, Liestal

Er war einer der Rädelsführer, als eine rechtsextreme Bande vor drei Jahren im Coop-Pronto-Shop im Bahnhof Liestal einfiel und drei Unbeteiligte zusammenschlug (TA vom Mittwoch). Dennoch kann sich der heute 25-jährige S. in einem wichtigen Punkt über das neue Urteil gegen ihn freuen. Zwar bekommt er für seine Tat weiterhin zweieinhalb Jahre Gefängnis. Da er aber nur sechs Monate davon unbedingt absitzen muss, darf er seine Strafe in elektronischen Fesseln verbüssen, anders gesagt: Er kann weiterhin arbeiten und verliert so seine Stelle nicht.

Das Kantonsgericht Liestal wendet damit das neue Strafrecht an, das teilbedingte Haftstrafen erlaubt und auch verlangt, die Folgen eines Urteils für das weitere Leben eines Verurteilten zu berücksichtigen. Das Gericht anerkennt, dass sich S. inzwischen von seiner rechtsextremen Vergangenheit gelöst hat und seither ohne Tadel geblieben ist. Dennoch werten die Richterin und die Richter sein Vergehen als schwere Körperverletzung und seine Tat als ungeheuerlich. S. sei zwar nicht direkt an den Attacken beteiligt gewesen. Aber er habe den Angriff geplant und die Schlägertruppe zusammengestellt. Da sie sich mit Baseballschlägern, Rohren und anderen Schlaginstrumenten bewaffnet hätten, habe er schwere Verletzungen in Kauf genommen. Eines der Opfer leidet bis heute an den psychischen Folgen des Überfalls.

Nicht nur Gehilfe, sondern Mittäter

Den Antrag des Kumpans N., der bei der Tat als Chauffeur geholfen hatte, wies das Gericht ab und bestätigte seine bedingte Strafe von 18 Monaten. Er sei nicht bloss Gehilfe, sondern Mittäter gewesen. Die zwei Verurteilten gehörten der rechtsextremen Organisation The Warriors an, die vor drei Jahren einen Angriff auf eine verfeindete Gruppe von Ausländern geplant hatten. Als sie diese nicht auf dem Liestaler Bahnhofsgelände vorfanden, entlud sich ihre Wut auf Unbeteiligte. Mehrere von ihnen waren schon vor einem Jahr rechtskräftig verurteilt worden. Der Verteidiger von S. erklärte sich mit dem revidierten Urteil zufrieden, der von N. will zuerst die schriftliche Urteilsbegründung abwarten. Für beide Verurteilten gilt eine Probezeit von drei Jahren.