Regierung muss sich vermehrt mit Rechtsradikalen befassen

sda

Immer wiedersind Jugendliche aus dem Fürstentum in Schlägereien verwickelt.Eine griffige Strafnorm gegen Rassismus soll Abhilfe schaffen. 

 

In der Einschätzung der Rechtsradikalen-Szene tut sich die Regierungschwer. Letzten September, nachdem Liechtensteiner Jugendliche in einewüste Prügelei vor einer Disco im Vorarlberg verwickelt waren,liess sie verlauten, die Szene im Kleinstaat sei weder auffällig grossnoch organisiert. Der Polizei seien lediglich Nachahmer bekannt, „die gewisseäussere Merkmale der Skinheads aufweisen, deren Verhalten aber vomdiesem Gedankengut nicht wirklich getragen wird“.

Bloss „vier, fünf Spinner“

Als im Januar zwei junge Männer als Verfasser einer im Interneterschienenen neonazistischen Homepage der „Liechtensteinischen Arier“ aufgeflogenwaren, kamen Regierungschef-Stellvertreter Michael Ritter allerdings Zweifel.Eine kleine Organisation von Neonazis könne nicht mehr ganz ausgeschlossenwerden, sagte er.

Die neuste Einschätzung stammt von Regierungschef Mario Frick.Er sprach gegenüber den Medien von „vier bis fünf bekannten Spinnern“.Trotzdem nimmt die Regierung die Sache offenbar nicht auf die leichte Schulter.Sie hat eine Fachgruppe „Skinheads und Rechtsradikalismus“ eingesetzt,welche die Szene genau beobachten soll.

Ein „Nest“

Jürg Frischknecht, Journalist in Zürich und Kenner des rechtspolitischenSpektrums, glaubt, dass es in Liechtenstein „ein Nest von jungen Rechtsradikalen“gibt, das vergleichbar ist mit lokalen Schwerpunkten in der Schweiz wieetwa in den Kantonen Neuenburg oder Thurgau. Die Liechtensteiner Szenezähle gegenwärtig zwei Handvoll Aktivisten und zwei Dutzend Sympathisanten,sagte er der Nachrichtenagentur SDA.

Die Gerichte haben sich wiederholt mit prügelnden LiechtensteinerJugendlichen befasst und sie überwiegend zu hohen Geldstrafen verurteilt.Auch die Landespolizei hat einschlägige Erfahrungen. Erst vor einpaar Tagen wurde sie gerufen, um eine angekündigte Keilerei in Vaduzzu verhindern.

Nicht blind auf dem rechten Auge

Nach dem Einsatz mit Personenkontrollen und vorübergehenden Festnahmenwurde dennoch ein 17jähriger im Zentrum von Vaduz angegriffen undam Kopf verletzt. Mutmassungen zufolge wurde der Jugendliche von Home-Boysaus dem benachbarten Kanton St. Gallen zusammengeschlagen.

Regierungschef-Stellvertreter Ritter hat die Polizei angehalten, wachsamzu sein und bei Auseinandersetzungen konsequent durchzugreifen. In jüngsterZeit aufgetauchte Vermutungen, wonach die Landespolizei die Sache herunterspiele,konterte er. Die Landespolizei in Vaduz sei auf dem rechten Auge keineswegsblind, sagte Ritter auch im Parlament.

Schärfere Bestimmungen als in den Nachbarländern

Bereits vor eineinhalb Jahren hat die Regierung ein Gesetz gegen Rassismusangekündigt, ohne dass unterdessen eine Vorlage auf den Tisch gebrachtworden wäre. Vor dem Hintergrund der jüngsten Vorkommnisse sollnicht mehr länger zugewartet werden.

Regierungschef Frick will dem Parlament eine Gesetzesnorm vorlegen,der jedwelche rassistischen Machenschaften, Rassendiskriminierung und Verhetzungunter Strafe stellt. Die entsprechenden Bestimmungen würden schärferausfallen als jene in der Schweiz oder in Österreich, versprach er.
 
 



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