Rechtsextreme tauchen wieder auf

BaslerZeitung

Bei der Schlägerei in Liestal waren Wiederholungstäter am Werk

SUSANNA PETRIN

Zwei der Männer, die Ende Dezember in Liestal auf eine Gruppe Jugendlicher eingeschlagen haben, waren schon 2004 beim Überfall auf den Coop Pronto-Shop dabei. Rechte Schläger sind plötzlich wieder in Liestal präsent. Ihre Zahl sei aber im Baselbiet rückläufig, heisst es aus der Justizdirektion.

Die Meldung erschreckt: Zwei der Rechtsextremen, gegen die Strafanzeige wegen Körperverletzung und Tätlichkeiten eingereicht wurde, sind den Strafverfolgungsbehörden bestens bekannt (baz von gestern). Sie waren im Frühjahr 2004 am Überfall auf den Coop Pronto-Shop in Liestal beteiligt. Ein Fall, der weit herum für Entsetzen sorgte: Damals verwüstete eine Gruppe junger Männer aus der Region mit Axtstielen und Baseballschlägern den Laden und schlug drei Unbeteiligte nieder.

Zwei von ihnen scheinen also Wiederholungstäter zu sein. Nur einer der beiden ist in Haft. Ist der andere flüchtig? Untersuchungsrichter Albert Augustin vom Bezirksstatthalteramt Liestal möchte dazu nichts sagen. Die beiden gehören aber laut Augustin nicht zu den verurteilten Haupttätern von damals. Sie waren im Jahr 2004 noch nicht volljährig und kamen als Städter vor das Basler Jugendgericht. Dort wurden sie gemäss Jugendgerichtspräsident Christoph Bürgin zu fünf und acht Monaten Einschliessung bedingt verurteilt und unter Schutzaufsicht gestellt. Die Probezeit sei noch nicht abgelaufen, über den allfälligen Vollzug der Vorstrafe werde nun das Gericht befinden müssen. War die erste Strafe zu mild? «Über den hängigen Fall kann ich keine Aussagen machen. Grundsätzlich kann man feststellen, dass mit einem Urteil nie mit Sicherheit verhindert werden kann, dass es wieder zu Delikten kommt», sagt Bürgin.

VON ANDERSWO. Seit den harten Strafen im Pronto-Prozess sei keine rechte Szene mehr im Baselbiet feststellbar, sagte Barbara Umiker, Sprecherin der Baselbieter Justizdirektion, der baz Anfang Jahr. Dies obwohl soeben fast 40 Rechtsextreme im «Stedtli» demonstriert hatten. Diese seien von auswärts, hiess es. In einem neueren, von Umiker versandten Communiqué heisst es leicht abgeschwächt: «Es ist ? nach unserem Kenntnisstand ? ein leichter Rückgang zu verzeichnen.» Die Urteile im Pronto-Fall hätten «abschreckende Signale» gesetzt. Viele Rechtsradikale seien weggezogen.

Wie viele leben und wirken derzeit etwa im Kanton? «Es waren einmal rund 80 Personen», sagt Umiker. «Nun sind es tendenziell weniger.» Baselland sei schweizweit führend in seinem «vernetzten Einsatz» gegen Rechtsradikalismus.

Die 2004 am Pronto-Überfall beteiligten Baselbieter seien alle aus der Szene ausgestiegen, sagt Dieter Bongers, Leiter der Anlauf- und Beratungsstelle für Rechtsextremismus beider Basel. Einer der zwei Wiederholungstäter sei aber schon mehrfach auffällig gewesen. Grundsätzlich stützt Bongers aber Umikers Aussage: Im 2006 sei es zu viel weniger Vorfällen mit Rechtsextremen gekommen als 2005 und vor allem als 2004. Die klare Repression und die vielen Massnahmen hätten genützt.

GEFESTIGTE SZENE. Jürg Frischknecht und Hans Stutz, beide Experten auf dem Gebiet Rechtsextremismus, stellen fest, dass die rechte Szene in der Schweiz gut strukturiert sei und sich gefestigt habe. Es sei aber gut möglich, dass diese im Baselbiet geschwächt sei. Die Szene verlagere sich häufig, Repressionen wirkten eine Weile, bis sie irgendwann wieder auftauche ? «Wellenbewegungen», sagt Frischknecht. Stutz kritisiert, dass die Baselbieter Justizdirektion zunächst nicht über die Demo informierte, um den Rechten keine Plattform zu geben. «So wird verhindert, dass die Öffentlichkeit über Vorkommen und Tätigkeit von Rechtsextremen weiss. Man kann nur gegen sie ankämpfen, wenn man aktuelles Wissen hat.»