Rassismus: Corona verlagert Diskriminierungen in die Nachbarschaft

Tagblatt.

Das Schweizer Beratungsnetz für Rassismusopfer hat letztes Jahr 527 Fälle rassistischer Diskriminierung dokumentiert. Neben der Arbeit fanden diese vermehrt auch in der Nachbarschaft statt.

(agl) Mit 95 Fällen ist der Arbeitsplatz der Bereich, in dem am meisten Diskriminierungen vorkommen. Betroffene berichten über Beleidigungen, abschätziges Verhalten vonseiten der Mitarbeitenden oder Ungleichbehandlung durch Vorgesetzte, wie es in einer Mitteilung der eidgenössischen Kommission gegen Rassismus (EKR) vom Sonntag heisst. Weitere stark betroffene Bereiche sind gemäss dem Rassismusbericht der Beratungsstellen die Verwaltung und der öffentliche Raum mit je 67 Nennungen, der Bereich Bildung mit 58 Nennungen sowie die Polizei und das Internet mit je 51 Nennungen.

Ein weiterer Lebensbereich, in dem letztes Jahr zahlreiche Fälle von rassistischer Diskriminierung gemeldet wurden, ist die Nachbarschaft. Die Einschränkungen des öffentlichen Lebens hätten die Vorfälle dorthin verlagert, so die EKR. Die Beobachtungen in der Coronakrise hätten einmal mehr gezeigt, dass Ungewissheiten und Spannungen innerhalb der Gesellschaft zu Entgleisungen und zur Herabsetzung von Menschen führen können, schreibt EKR-Präsidentin Martine Brunschwig Graf im Vorwort des Berichtes. «Die Versuchung, einen Sündenbock zu suchen, ist in schwierigen Zeiten gross.»

30 Fälle von Racial Profiling

Bei der Art der dokumentierten Diskriminierungen geht es am häufigsten um Benachteiligung (256 Fälle) und Beschimpfung (162 Fälle). Das Beratungsnetz für Rassismusopfer hat zudem 54 Fälle von Mobbing und 30 Fälle von Racial Profiling dokumentiert. In 42 Fällen kam es zum Angriff auf die körperliche Integrität.

Das Beratungsnetz für Rassismusopfer wurde 2005 als Joint-Venture-Projekt zwischen der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus und der Menschenrechtsorganisation humanrights.ch gegründet. 23 Beratungsstellen nehmen daran teil. Der Rassismusbericht erhebt laut Angaben der EKR keinen Anspruch auf Vollständigkeit und stellt kein umfassendes Monitoring oder eine präzise Statistik der Vorfälle in der Schweiz im vergangenen Jahr bereit. Dieses Jahr wurde zudem die Methodik für die Fallerfassung angepasst, weshalb die Zahlen nicht mit dem Vorjahr verglichen werden können.