Neonazis wohnen im gleichen Quartier

Zürcher Oberländer: Rüti Es soll das grösste Neonazi-Konzert der vergangenen 20 Jahre gewesen sein. Massgeblich daran beteiligt waren zwei Rütner, die einen Steinwurf voneinander entfernt in einem beschaulichen Quartier wohnen.

Ein Konzert von solchen Ausmassen hat es so in der Schweiz noch nicht gegeben. Dies sagt Szene-Kenner und Journalist Fabian Eberhard. Rund 5000 bis 6000 Rechtsextreme strömten am Samstag zur Tennishalle ins Toggenburger Dörfchen Unterwasser zu einem Konzert von Szene-bekannten Bands – darunter auch die Band Amok mit dem Frontsänger Kevin G.* Die Halle gemietet sowie das Gastwirtschaftspatent zum Ausschank von Alkohol beantragt hat laut der «Südostschweiz» der Deutsche Matthias M.*, der in Jona Mitbetreiber des Tattoo-Studios Barbarossa ist.

Erst vor sieben Wochen nach Rüti gezogen

M. werden von der Antifaschis­tischen Aktion Bern (Antifa) und deutschen Szene-Beobachtern Verbindungen zu rechtsextremen Kreisen nachgesagt. Auf der Facebook-Seite des Studios sind mehrere gestochene Motive mit Neonazi-Symbolik veröffentlicht. Ein Foto zeigt beispiels­weise eine Tätowierung mit der Zahl 28 – dem Szene-Code für das rechtsextreme Netzwerk Blood and Honour. Dabei entsprechen die Ziffern 2 und 8 dem Zahlenwert für die Buchstaben B und H. Auch Kevin G. war schon mit «Blood and Honour»-Weste zu sehen (siehe Bild unten).

Die beiden Männer haben allerdings noch mehr Gemeinsamkeiten als ihre Rechtsradikale Gesinnung. Sie wohnen beide in Rüti, wie das Einwohneramt bestätigt. Sänger Kevin G. ist Mitte April 2015 zugezogen. Tattoo-Studio-Betreiber Matthias M. wohnt erst seit dem 1. September in Rüti. Ihre Wohnorte liegen ­lediglich rund 150 Meter Luft­linie voneinander entfernt in einem Rütner Einfamilienhausquartier. Ob sich noch weitere Mitglieder des rechtsextremen Netzwerks in Rüti niederge­lassen haben, ist unklar. Der Rütner Gemeindeschreiber An­dreas Sprenger will sich auf Anfrage nicht zum Thema äussern.

Mehrere Anzeigen eingereicht

Aufgrund des Konzerts hat die Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus mittlerweile Anzeige wegen Verletzung der Rassismus-Strafnorm eingereicht. Die Strafanzeige sei bei der Sankt Galler Staatsanwaltschaft eingereicht worden, teilt die Stiftung mit. Die Anzeige richtet sich gegen die Band Amok und die anderen teilnehmenden Musikgruppen wie Stahlgewitter, Confident of Victory, Exzess und Frontalkraft sowie gegen die Konzertveranstalter.

Man sei vom Anlass «völlig überrumpelt» worden, erklärt Rolf Züllig, Gemeindepräsident von Wildhaus-Alt St. Johann. Dies, weil sich die Veranstalter die Erlaubnis unter Vorspiegelung falscher Tatsachen erschlichen hätten. Auf Nachfrage der Gemeinde sei von einem Konzert für Schweizer Nachwuchsbands mit 600 bis 800 Besuchern die Rede gewesen.

Aufgrund der Dimensionen wirft das Konzert Wellen bis nach Deutschland. Auch die Online-portale des «Spiegel» und der «Zeit» berichten über das Konzert. Laut «Zeit» handelte es sich um das grösste Nazi-Konzert der vergangenen 20 Jahre.

Nächstes Konzert in Rapperswil?

Bereits am nächsten Wochen­ende könnte es zum nächsten Neonazi-Konzert in der Ostschweiz kommen – womöglich direkt vor der Haustüre von ­Kevin G. und Matthias M. Die rechtsex­treme Partei national orientierter Schweizer (Pnos) feiert am kommenden Samstag die Gründung neuer Sektionen in der Ostschweiz.

Auf Facebook kündigt die ­Partei diverse Redner sowie die deutsche Rechtsrock-Band Flak als Rahmenprogramm an. Wo das Ganze über die Bühne gehen soll, ist auf der Facebook-Seite jedoch nicht ersichtlich. Die Antifa Bern veröffentlichte indes eine Twitter-Nachricht, gemäss derer die Veranstaltung in Rapperswil-Jona stattfinden soll.

Andreas Kurz