Luzern will keine Extremisten mehr an Sempacher Feier

Tages-Anzeiger vom 29.06.2009

Die Luzerner Regierung will an der Sempacher-Schlacht- Feier keinen Extremismus mehr tolerieren. Die Rechtsextremen kündigen aber bereits den nächsten Aufmarsch an.

David Schaffner

Obwohl die Sempacher-Schlacht-Feier am Samstag relativ ruhig verlaufen ist, können das Luzerner Städtchen und der Kanton nicht damit rechnen, dass so schnell Ruhe um die symbolträchtige Gedenkfeier einkehrt. Die Rechtsextremen haben nur wenige Stunden nach der diesjährigen Feier angekündigt, trotz des massiven Polizeiaufgebots auch im nächsten Jahr wieder aufmarschieren zu wollen. Den Jungsozialisten ist dies bereits heute ein Dorn im Auge: «Wenn Luzern nichts dagegen unternimmt, werden wir auch 2010 eine Gegendemonstration durchführen», sagte der Luzerner Juso-Grossstadtrat David Roth auf Anfrage.

Am Samstag haben die Luzerner Behörden toleriert, dass die rund 260 Rechtsextremen ohne Bewilligung einen Umzug vom Städtchen Sempach zum Schlachtfeld von 1386 durchführten und dort einen Kranz niederlegten. Die offizielle Festgemeinde hatte auf die traditionelle Route wegen des schlechten Wetters zum ersten Mal seit Jahrzehnten verzichtet und die Feier in die Kirche verlegt. «Streng genommen hätten die Rechtsextremen deshalb keinen Umzug veranstalten dürfen», räumt der Luzerner Regierungssprecher Urs Hangartner ein. «Weil wir einen Zusammenstoss zwischen den Rechtsextremen und der Juso unbedingt verhindern wollten, haben wir die Rechtsextremen gewähren lassen.» Im Sinne einer Deeskalation der angespannten Situation im Städtchen Sempach sei dies die beste Lösung gewesen.

Neues Konzept bis im Februar

Nicht einverstanden mit dieser Rechtfertigung ist David Roth. «Die Luzerner Polizei hat eine illegale Demonstration von Rechtsextremen grundlos toleriert», kritisiert er. Roth fordert den Kanton auf, Ermittlungen gegen die Rechtsextremen aufzunehmen. «Eine unbewilligte Kundgebung ist ein Offizialdelikt und muss von den Behörden daher zwingend geahndet werden.» Vier Personen aus dem Umfeld der Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) hatte die Luzerner Polizei wegen Verstössen gegen das Waffengesetz am Samstag verzeigt.

Regierungssprecher Hangartner zeigte sich gestern sehr unzufrieden mit der zunehmenden Politisierung der Schlachtfeier: «Wir haben für den Anlass vom Samstag eine Lösung gefunden, die für künftige Feiern nicht mehr taugt», betont er. Die Luzerner Regierung wolle die Feier überdenken und bis spätestens im nächsten Februar ein neues Konzept vorlegen.

«Der Kern der Feier ist das Versprechen der Regierung, jedes Jahr der Toten zu gedenken», erklärt Hangartner. «Wie wir dies konkret machen, ist offen.» Künftig soll es an der Feier keinen Platz mehr geben für politische Extreme. Ob sich die Rechtsextremen durch ein neues Konzept davon abhalten lassen, in Sempach aufzutreten, muss sich allerdings erst noch weisen. Einerseits haben sie den Aufmarsch für 2010 bereits angekündigt. Andererseits betrachten sie die Schlachtfeier als ihren wichtigsten Auftritt, seit sie wegen der Zutrittskontrollen am 1. August nicht mehr an der Bundesfeier auf dem Rütli auftreten können. Überdies hat der Sempacher Stadtpräsident Franz Schwegler am Samstag betont, dass er den Umzug zum Schlachtfeld in den nächsten Jahren wieder durchführen wolle.

Juso-Chef nicht in Sempach

Während sich die Rechtsextremen am Samstag auf ihrem Demonstrationsumzug ohne Bewilligung befanden, kesselten die Polizisten unterhalb Sempachs die rund 100 Juso-Mitglieder und jugendlichen Linksextremen ein, die für ihre Kundgebung gegen den Rechtsextremismus eine Bewilligung erhalten hatten. Einige der Linken hielten sich allerdings nicht an das Vermummungsverbot.

Nicht dabei war übrigens der Schweizer Juso-Präsident Cédric Wermuth. Er hatte das Gesuch für die Kundgebung eingereicht und in den Medien während Wochen zur Zivilcourage gegen die Rechtsextremen aufgerufen. Wegen der gleichzeitig stattfindenden Delegiertenversammlung der Mutterpartei SP sei Wermuth verhindert gewesen, hiess es. Seinen Worten hat er keine Taten folgen lassen.