«Nie mehr so wie dieses Jahr»

Willisauer Bote vom 21.07.2009

Podium über politischen Extremismus und politisch motivierte Gewalt

Vier Politiker von SP, CVP, FDP und SVP diskutierten in Sempach Lösungsansätze gegen Extremismus an der Gedenkfeier zur Schlachtjahrzeit. In einem Punkt waren sich alle einig: Eine solche Feier wie dieses Jahr will künftig niemand mehr.

Marcel Schmid

Die wichtigste Erkenntnis vorneweg: Eine gute Lösung zu finden, um das Problem der polarisierenden Extreme an der Gedenkfeier zur Schlachtjahrzeit zu finden, ist alles andere als einfach. Das mussten auch die vier Podiumsteilnehmer von SP, CVP, FDP und SVP zur Kenntnis nehmen. Auf Einladung der Jungen FDP und der Jungen CVP diskutierten sie am Donnerstagabend unter der Leitung von Journalist Peter A. Meyer in der Wirtschaft zur Schlacht in Sempach das Thema «Politischer Extremismus, politisch motivierte Gewalt».

Keine Plattform bieten

Es gab durchaus Punkte, in denen sich die Redner einig waren. So könne ein Ticketsystem nicht die Lösung sein, die Feier müsse öffentlich bleiben und die Gedenkfeier soll im Zentrum stehen – und nicht irgendwelche Extremisten oder die Polizei. Für SVP-Nationalrätin Yvette Estermann war schnell klar, wer der Übeltäter an der vermiesten Feier vor knapp einem Monat war: «Die Linke hat provoziert, demonstriert und war erst noch vermummt, während die Rechten sich einmal mehr an Recht und Ordnung hielten», sagte sie. «Ob Vermummte schlimmer sind als rechtsextremes Gedankengut, spielt keine Rolle», konterte SP-Kantonsrat Lathan Suntharalingam und vertrat die Meinung, dass sowohl in Sempach als auch auf dem Rütli beide extremen Pole keine Plattform erhalten dürfen.

Mit Folklore Extreme vertreiben?

Doch wie soll das gelingen? Nicht neu war der Vorschlag von Suntharalingam, mehr Leute zu mobilisieren, damit so die linken und rechten Gruppierungen im Volk untergehen. Er dachte zum Beispiel an die Integration von Jugendvereinen wie Pfadi, Jungwacht und noch stärker der Schulen.

Kreativ war der Lösungsansatz von Stefan Schöpfer, Präsident der Jungfreisinnigen Luzern: Das Rahmenprogramm soll folkloristisch ausgebaut werden, mit viel Jodelgesang und Tradition. «Vielleicht verleidet den Extremen so ihre Präsenz», so Schöpfer achselzuckend und mit einem Schmunzeln.

«Vor allem die Rechte ist geprägt von einzelnen starken Köpfen und sehr vielen Mitläufern», weiss René Gmür, Präsident der Jungen CVP. Erfahrungen aus dem Ausland hätten gezeigt, dass es nichts helfe, die Gruppierung zu zerschlagen. Ziel müsse es vielmehr sein, diese von innen heraus auseinanderzunehmen. Ein bekanntes Problem ist diesbezüglich der Ausstieg aus der rechten Szene, der für Mitglieder meist viel schwieriger ist als der Einstieg. «Beratungsstellen für Betroffene, aber auch Eltern, müssen in der Gesellschaft besser verankert werden», so Gmür.

Besonders erschreckend ist für Votant Charly Freitag, Präsident der Amtspartei der FDP Sursee, die Distanz von SP und SVP zu den Links- bzw. Rechtsextremen. Seine entsprechende Frage, was Yvette Estermann respektive Lathan Suntharalingam konkret gegen die Pole unternähmen, blieb unbeantwortet. «Was passiert ist, ist nicht alleine ein Problem von diesen beiden, sondern von allen Parteien», so Suntharalingam, «aber ich sehe es tatsächlich als gefährliche Botschaft, wenn die Juso als Organisatorin der Demonstration auftritt.»

Warum nicht gemeinsam feiern?

Klartext sprach Sempachs Stadtammann Werner Husmann: «So wie dieses Jahr darf es nie mehr sein. Wir wollen nicht 300 Polizisten und eine ständige Helikopterüberwachung, sondern weiterhin friedlich zum Schlachtfeld ziehen und eine würdige Gedenkfeier abhalten. Ich begreife nicht, warum nicht alle – von links bis nach rechts – gemeinsam feiern und danach bei guten Gesprächen zusammen eine Käseschnitte essen können.»

Rechtsextreme im Raum Willisau

Geschätzte 1200 Mitglieder gehören gemäss Beat Hensler, Kommandant der Kantonspolizei Luzern, schweizweit Rechtsextremen Kreisen an. In seinem Referat zu Beginn der Veranstaltung zeigte er auf, dass die Anzahl Mitglieder Ende der Neunziger-jahre von wenigen hundert markant angestiegen ist, seither aber stagniert. Ebenso haben sich die registrierten Vorfälle entwickelt, in den Spitzenjahren 2000 bis 2007 lagen diese stets um die 1000 Vorfälle. Dabei handelt es sich selten um Sachbeschädigungen, sondern viel mehr um Verstösse gegen die Rassendiskriminierungsstrafnorm.

Tiefer sind die registrierten Vorfälle aus dem Lager der Linksextremisten. Rund die Hälfte der national gut 200 Vorfälle waren jedoch mit Gewalt verbunden. «Während sich die Rechten relativ gut an die Regeln halten, verletzen die Linken schnell das Gesetz», so Hensler.

Die Linksextreme ist grundsätzlich eher städtisch orientiert, die Rechtsextreme ländlich. Das ist auch im Kanton Luzern so. Letztere sind da vor allem im Raum Willisau präsent u