Leichtes Spiel für den braunen Mob

Tages-Anzeiger: Kommentar Daniel Foppa, Ressortleiter Inland, zum Neonazitreffen in Unterwasser.

Es sei ein «friedlicher Anlass» gewesen, sagt der Betreiber der Halle in Unterwasser SG, in der sich am Samstag 6000 Besucher zu einem Neonazikonzert getroffen haben. Die Teilnehmer hätten sich gesittet verhalten und nach dem Konzert den Abfall eingesammelt. Auch die Kantonspolizei bilanziert: «Alles lief gesittet ab.» Noch mal alles gut gegangen also? Mitnichten.

Das Konzert war der wohl grösste Neonaziaufmarsch, den die Schweiz je gesehen hat. Und auch europaweit gehört es zu den grössten Rechtsextremen-Konzerten. Wer findet, man soll es ignorieren, wenn sich solches Gesindel zusammenrottet und unter sich bleibt, werfe einen Blick auf die aufgetretenen Bands und deren Texte. Der Rapper MakSS Damage singt im Lied «Arabisches Geld»: «Ich leite Giftgas lyrisch in Siedlungen, die jüdisch sind.» Und von der Band Stahlgewitter stammen die Zeilen: «Ich weiss, dass ihr sie nie vergesst: Ruhm und Ehre der Waffen-SS.» Wenn deutsche Neonazis in der Schweiz vor Tausenden Rechtsextremen NS-Hetze betreiben können, ohne dass es irgendeine Konsequenz hat, läuft etwas falsch.

Im Idealfall vermag die Zivilgesellschaft Anlässe von Extremisten zu verhindern – indem sie solche Veranstaltungen publik macht und Gegendruck erzeugt. Hallenvermieter und Gemeindevertreter sollten noch genauer überlegen, wem sie ein Lokal überlassen. Ihr Verhalten hinterfragen muss zudem die Kantonspolizei St. Gallen. Obwohl vom Nachrichtendienst vorgewarnt, unternahm sie nichts: Sie liess zu, dass zehnmal mehr Besucher als bewilligt zum Konzert strömten. Und sie erfuhr nichts von allfälligen Verstössen gegen die Antirassismusstrafnorm, da sie in der Halle nicht präsent war. Begründung: Das Konzert sei «privat». Damit ignorierte die Polizei ein Bundesgerichtsurteil, wonach solche Grossanlässe eben nicht privat sind.

Wenn Behörden und Hallenvermieter im Umgang mit dem braunen Mob weiterhin derart naiv agieren, besteht die Gefahr, dass die Schweiz als Aufmarschgebiet für Neonazis noch beliebter wird. Unterwasser dürfte der rechten Szene denn auch als Beleg dafür dienen, dass sie hierzulande leichtes Spiel hat. Diesem Eindruck muss entschieden entgegengetreten werden.