Keine extreme Armee

Bieler Tagblatt

Extremismus: Untersuchung

Die Schweizer Armee ist kein Hort für politischen Extremismus. Dieser sei unter Armeeangehörigen etwa gleich stark verbreitet wie in der gesamten Bevölkerung, kommt eine Untersuchung zum Schluss.


ap. Ein armeeeigener, «hausgemachter» Extremismus existiere nicht, folgern Militärjustiz, -verwaltung und Truppe in ihrem am Dienstag veröffentlichten Bericht. Die Milizarmee mit ihren kurzen Dienstzeiten und ihrem geringen Kasernierungsgrad biete keine idealen Voraussetzungen für männerbündische und rechtsextreme Subkulturen.
Sie repräsentiere die Gesamtbevölkerung stärker als eine Freiwilligenarmee oder eine Wehrpflichtigenarmee mit hoher Freistellungsquote. Das Problem des Extremismus in der Armee müsse vor dem Hintergrund der allgemeinen Stimmung in der Bevölkerung gesehen werden, «wobei das derzeitige Stadium latenter Fremdenfeindlichkeit nicht unterschätzt werden darf», heisst es.

Differenziertes Recht

Vereinzelt aufretende Vorkommnisse sollten deshalb beobachtet und geahndet werden. Grundsätzlich sei das geltende Recht differenziert genug. Allerdings sollte ein Ausschluss aus der Armee künftig auch möglich sein, wenn die extremistische Geisteshaltung des Armeeangehörigen die Grenze der Strafbarkeit noch nicht überschritten hat, aber der Armee schaden könnten.
Es dürfe keinesfalls der Eindruck entstehen, die Armee dulde extremistische Umtriebe auch nur in Einzelfällen. Falls die Wirkung von Disziplinarmassnahmen zweifelhaft sei, müsse die Militärjustiz beigezogen werden. Namentlich dürften im Offizierskorps keine extremistischen Geisteshaltungen toleriert werden. Die Gefahr, dass Rechtsextreme in Kaderpositionen gelangten, wird von den Schulkommandanten allerdings als gering eingestuft.

Angaben des Oberauditors

Die Untersuchung stützte sich auf Angaben des Oberauditors und der Untergruppe Personelles zu allfälligen Gerichtsurteilen sowie auf eine schriftliche Erhebung in 58 militärischen Schulen und eine Sonderauswertung der Rekrutenbefragung 1997. Beim Oberauditor sind in den vergangenen acht Jahren keine militärischen Urteile mit eindeutig extremistischen Sachverhalt eingegangen. Bei vier Fällen dürfte Rassismus allerdings im weitesten Sinne eine Rolle gespielt haben, heisst es.
Allfällige Medienberichte über extremistische Vorfälle würden von der Untergruppe Personelles jeweils abgeklärt. Jedoch seien spezifische Nachforschungen aus Gründen des Daten- und Persönlichkeitsschutzes sowie mangels gesetzlicher Grundlagen kaum möglich. In der Praxis seien keine Fälle bekannt, in denen Betroffene aufgrund von Rechtsextremismus ausgeschlossen worden sind.

Je drei Prozent extrem

Als links- und rechtsextrem müssten je etwa drei Prozent der 1997 befragten Rekruten bezeichnet werden. Bei vereinzelten extremistischen Manifestationen in Schulen handle es sich mehrheitlich um solche rechtsextremer Gesinnung. Die meisten seien Ausdruck einer diffusen, allgemeinen Fremdenfeindlichkeit. Der Extremismus soll künftig mittels soziologischer Untersuchungen weiterverfolgt werden. Insbesondere die Tolerierung der Fremdenfeindlichkeit als scheinbare Normalität könne rasch den Nährboden für eine rechtsextreme Entwicklung ebnen.
Der Extremismusbericht war nach rechtsextremen Vorkommnissen in ausländischen Armeen, insbesondere der deutschen Bundeswehr, und entsprechenden Fragen der nationalrätlichen Geschäftsprüfungskommission von Verteidigungsminister Ogi angefordert worden.
Generalstabschef Hans-Ulrich Scherrer lieferte den ursprünglich für Ende letzten Jahres erwarteten, 90seitigen Bericht nun ab.