Harte Strafe für den Rechtsextremisten Zündel

NeueZürcherZeitung

Fünf Jahre Gefängnis wegen Leugnung der Judenvernichtung

Der Holocaust-Leugner Ernst Zündel ist am Donnerstag in Mannheim zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Zugleich versucht Berlin, Volksverhetzung in der gesamten EU unter Strafe zu stellen.

eg. Berlin, 15. Februar

Das Landgericht Mannheim hat am Donnerstag den Rechtsextremisten Ernst Zündel wegen Volksverhetzung zur Höchststrafe von fünf Jahren Haft verurteilt. Er wurde für schuldig befunden, in Publikationen den Massenmord an den Juden im Nationalsozialismus systematisch geleugnet zu haben. Das Gericht folgte mit seinem Urteil dem Antrag der Staatsanwaltschaft in vollem Umfang. Das Verfahren gegen Zündel dauerte mehr als ein Jahr, weil ein erster Prozess platzte. Eine Verteidigerin hatte selbst neonazistisches Gedankengut verbreitet und war daraufhin ausgeschlossen worden. Im Februar 2006 kam es zu einer Neuauflage, doch zog sich das Verfahren wegen zahlreicher Anträge der Verteidigung in die Länge.

Der Prozess als Propagandaforum

Der deutsche Staatsbürger Zündel war bereits vor Jahrzehnten nach Kanada emigriert, wo er einen Verlag für geschichtsrevisionistische Schriften gründete. Der Propagandist der «Auschwitz- Lüge» behauptete in zahllosen Publikationen, in den nationalsozialistischen Vernichtungslagern habe nie der Holocaust stattgefunden. Seit Anfang der neunziger Jahre benützte er auch amerikanische Radiosender und Internetseiten für seine rassistische Agitation. Nachdem die bei der Verfolgung rechtsextremer Delikte sehr rege Mannheimer Staatsanwaltschaft einen internationalen Haftbefehl erwirkt hatte, wurde Zündel 2005 aus Kanada ausgewiesen. Bei seiner Rückkehr wurde er auf dem Flughafen Frankfurt verhaftet; Zündel befindet sich seither in Haft.

Der heute 67 Jahre alte Zündel versuchte, auch den Prozess zu einem Propagandainstrument umzufunktionieren, und benannte den früheren RAF-Anwalt und jetzigen Rechtsextremisten Horst Mahler als juristischen Beistand. Dies wurde zwar abgelehnt, doch machte auch die wenig später ausgeschlossene Verteidigerin Sylvia Stolze deutlich, dass sie das Verfahren als politische Justiz eines Unrechtsstaates betrachtete. Noch in seinem Schlusswort verlangte Zündel, das Gericht solle eine internationale Kommission berufen, um den Holocaust zu untersuchen. Sollten sich die Behauptungen als wahr erweisen, werde er sich bei den Juden entschuldigen, erklärte er. Adolf Hitler bezeichnete er in einem Elaborat als missverstandenes Genie.

Umstrittene deutsche EU-Initiative

Deutschland geht seit je gegen die Verharmlosung der Judenvernichtung juristisch vor und hat zu diesem Zweck den einschlägigen Paragraphen des Strafgesetzbuches vor einiger Zeit verschärft. Für das Jahr 2005 registrierte man mehr als 2000 Straftaten wegen Volksverhetzung. Auch international macht sich ein gewandeltes Rechtsverständnis bemerkbar, das in der Leugnung bestimmter historischer Sachverhalte ein strafwürdiges Verhalten sieht. So lieferten die USA 2005 den deutschen Rechtsextremisten Germar Rudolf aus, und die Niederlande überstellten den Belgier Siegfried Verbeke an die Bundesrepublik.

Die Bundesregierung versucht im Rahmen ihrer EU-Ratspräsidentschaft auch, die Leugnung von Völkermord sowie fremdenfeindliche und rassistische Propaganda in der gesamten EU unter Strafe zu stellen. Bisher war die Leugnung der Judenverfolgung in neun EU-Staaten sowie der Schweiz verboten, in Italien wird derzeit ein entsprechendes Gesetzesvorhaben diskutiert. Dennoch betrachten einige Mitgliedsstaaten – allen voran Grossbritannien – den Vorstoss aus Berlin mit Skepsis. Dabei spielt neben dem Schutz der Meinungsfreiheit die grundsätzliche Frage eine Rolle, ob es etwa im Hinblick auf den Genozid an den Armeniern sinnvoll ist, mit den Mitteln des Strafrechts eine bestimmte Bewertung geschichtlicher Ereignisse als die einzig zulässige vorzuschreiben. Vor zwei Jahren scheiterte daher bereits einmal eine luxemburgische Initiative für eine einheitliche Gesetzgebung.