Nach dem sich die geschichtsrevisionistische, antisemitische und pro nazistische «Europäische Aktion» (EA)1 bereits letztes Jahr – am 10.09.2011 – in Einsiedeln (SZ) getroffen hatte, fand am Samstag 08.09.2012 ein weiteres «Europa-Fest» auf dem Odilienberg im Elsass statt.
Während sich letztes Jahr zumindest am Schleusenpunkt in Diepoldsau antifaschistischer Widerstand formierte (gegen welchen mit massiver Repression vorgegangen wurde)2, konnte das Treffen dieses Jahr von öffentlichem Protest unbehelligt über die Bühne gehen. Allerdings musste dieses Jahr unter freiem Himmel getagt werden, da wohl mehrere angefragte Lokalitäten kurzfristig absagten (letztes Jahr gewährte die Tagungsstätte «Dorfzentrum» in Einsiedeln den Neonazis Obdach).3
Wie bereits letztes Jahr handelte es sich bei diesem – als «Europa-Fest» getarnten – Treffen um ein «meet and greet» der europäischen Geschichtsrevisionist_innen und Holocaustleugner_innen Szene.
Während die EA gegen aussen den Eindruck einer traditionellen und volkstümlichen Veranstaltung (Mit Abendprogramm: Musik. Gesang und Volkstanz) erweckt, zeigt ein Blick auf die Redner_innenliste sehr deutlich um was es sich bei dieser Veranstaltung in erster Linie handelt – ein Vernetzungstreffen von Europas führenden rassisch-völkischen Intellektuellen.
Nahezu alle namentlich erwähnten Gäste sind einschlägig bekannte Holocaustleugner_innen, wie etwa das ehemalige Model Michèle Renouf oder Richard Edmonds, der langjährige Vertraute John Tyndalls – des Gründers der rechtsextremen British National Party (BNP). Rigolf Hennig, Vorsitzender des norddeutschen Teils der EA, kann gar als (neo)nazistischer Vielschreiber bezeichnet werden. Artikel von ihm erschienen in fast allen deutschsprachigen rechtsextremen Zeitschriften – unter anderem in «Europa vorn», «Nation und Europa», der «Deutschen Stimme», oder auch in seinem eigenen Blatt «der Reichsbote». Diese Zeitschrift fusionierte bereits vor einiger Zeit mit der ebenfalls NS-treuen «Volk in Bewegung», wobei Rigolf Hennig als Redakteur (nazideutsch: Schriftleiter) fungiert. Sein Artikel «USRAEL und das alte Testament» zeigt recht deutlich wessen Geistes Kind er ist.
Als – selbst innerhalb dieses politischen Gruselkabinets – besonders abstossende Gäste können Bojan Rasate und Pedro Varela betrachtet werden. Der Bulgare Bojan Rasate – bereits letztes Jahr zu Gast am EA-Treffen – ist Gründer des «Bulgarischen Nationalbundes» (BNS) einer neonazistischen Splitterbewegung innerhalb der bulgarischen extremen Rechten. Zusammen mit zwei weiteren von Rasate gegründeten Organisationen der «Sportorganisation Edelweiss» (mit dem Moto «Jedem das Seine»)4 und der «Bulgarischen Nationalen Garde» (Uniform: schwarze Hosen, braune Hemden, schwarze Hosenträger und schwarze Barette)5 verbreitet er in Bulgarien Pogromstimmung gegen Roma und Homosexuelle. Aus seiner völkisch-rassischen Gesinnung macht er dabei kein Geheimnis. So antwortete er auf die Frage eines österreichischen Autors, wie er den die Echtheit der Bulageren definiere, mit: rassisch.
Zum ersten Mal zu Gast bei einem Treffen der EA ist der Spanier Pedro Varela. Dass er nicht bereits letztes Jahr am «Europa-Fest» teilnehmen konnte, liegt daran, dass er von Dezember 2010 bis März 2012 in Spanien eine Haftstrafe wegen des Verkaufs nationalsozialistischer Literatur absitzen musste. Der Buchhändler Varela war Chef des – offiziell bis 1993 existierenden – «Spanischen Zirkels der Freunde Europas» (CEDADE), welcher lange Zeit als bedeutenste neonazistische Organisation Spaniens galt. Sein Buchladen in Barcelona war für lange Zeit der wahrscheinlich bedeutenste Umschlagplatz für rassistische Propaganda in Spanien (und wohl auch einer der bedeutensten Europas).
Die Shoa wird von diesen völkischen Demagog_innen systematisch geleugnet. Nicht so jedoch die deutschen «Opfer» des zweiten Weltkriegs und der nationalsozialistischen Siedlungspolitik. Die Hochstilisierung der Verluste unter den «deutschstämmigen» osteuropäischen Siedler_innen (angeblich etwa 18 Millionen Opfer), zum «schlimmsten Völkermord der Geschichte überhaupt» ist das politische Kerngebiet von Johann Thiessen dem Vorsitzenden der «Schutzgemeinschaft «Deutsche Heimat» der Deutschen aus Russland». An seiner statt hielt jedoch Lydia Walz – Vorsitzende der «Bundesvereinigung «Heimat» e. V.» – die Ansprache, was jedoch inhaltlich wohl nur kosmetischen Einfluss hatte.
Das einigende Ziel dieser antisemtisischen Volksverhetzer_innen sind der Kampf gegen das «internationale Finanzjudentum» – modern als amerikanisch-zionistische Weltherrschaft bezeichnet – und alle «Fremdvölkischen» (sprich nicht europäischen) Einwander_innen, welche die EA nicht als Flüchtlinge oder Asylsuchende, sondern ihrer Ideologie gemäss als «Zivilokkupanten» bezeichnet.
Auch wenn das «Europa-Fest» der EA nach wie vor eher in einem überschaubaren Rahmen stattfindet, kann mit diesem zweiten Treffen doch der Versuch einer verstärkten Konsolidierung beobachtet werden. Obschon die EA nur einen kleinen Zirkel an «Eingeweihten» anspricht, bedeutet dies keineswegs, dass sie dadurch weniger gefährlich wäre, als andere Gruppen der extremen Rechten. Im Gegenteil, aufgrund der Tatsache, dass es sich bei den Mitgliedern und Freund_innen der EA in grossen Teilen um ideologisch gefestigte, neonazistische Intellektuelle handelt, ist diese Organisation für die ideologische Positionierung des pro nazistischen Flügels der extremen Rechten als durchaus bedeutsam anzusehen.
Für aktive Antifaschist_innen emfpiehlt es sich überdies, sich zukünftig das zweite Septemberwochenende im Kalender anzustreichen. Erklärt doch die EA auf ihrer Homepage bereits nach ihrem zweiten «Europa-Fest» grossspurig, dass sich ihre «Mitstreiter» immer am zweiten Wochenende im September zu ihrer jährlichen Versammlung treffen (wollen).
Antifa Bern
1 Die EA wurde 2010 vom Schweizer Neonazi und Holocaustleugner Bernhard Schaub gegründet, nadchdem er zuvor lange Zeit Präsident des «Vereins zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten» (VRBHV) war. Nachdem dieser 2008 verboten wurde, begann Schaub mit dem Aufbau der «ideologischen Nachfolgeorganisation» – der EA.
2 Zu den Verfahren gegen die 44 Antifaschist_innen, die an diesem Tag verhaftet wurden siehe: https://diepoldsau44.wordpress.com/
3 Zum letztjährigen Treffen der EA siehe u.a.: https://ch.indymedia.org/de/2011/09/83174.shtml
4 In der Zeit des 3. Reiches wurde das Edelweiss von bestimmten Gruppen der Waffen-SS getragen. Insbesondere von den sogenannten „Einsatzgruppen“, Sondereinheiten, welche hinter den eigenen Linien operierten und Zuständig für die Erkennung, Verhaftung und Deportation von «Volksfeinden» (Partisan_innen, Juden, etc.) waren. Der Spruch «Jedem das Seine» (suum cuique) stammt zwar aus der oströmischen Rechtsprechung, wurde aber von den Nazis übernommen und insbesondere in das Eingangstor des KZ’s Buchenwald geschmiedet.
5 Ein Kleidungstil der nicht zu Unrecht an alte Zeiten erinnert, ist er doch demjenigen der SA nachempfunden.