Er politisierte ? und provozierte

BernerZeitung

Der Prozess gegen die Schläger der letzten Solätte-Nacht ist vertagt ? der Pnos kommt das vor den Grossratswahlen entgegen.Gestern hätte er vor Gericht antraben müssen. Gemeinsam mit zwei Kollegen, von denen der eine als Mitglied der rechten Rockband Indiziert ebenfalls bereits Schlagzeilen gemacht hat: Zu dritt waren sie in der letzten Solätte-Nacht mit von der Partie, als eine junge Frau und ihr Freund zuerst angerempelt und dann nach einer wilden Jagd durch Burgdorfs Gassen auf der Terrasse einer Beiz definitiv unter die Räder kamen.

Als «Saujude» beschimpft

So schildert es ein Leserbrief aus der Optik der Verfolgten ? «die Angreifer schlugen blindlings vor allem auf ein Opfer ein, es wurde gewürgt, umgestossen, mit Springerstiefeln traktiert, schliesslich wurde ihm ein Bierglas über den Kopf und an die Brust geschlagen». Ein Gast, der dazwischenging, sei als «Saujude» beschimpft worden. Und alles nur, weil die junge Frau ein T-Shirt mit der Aufschrift «Kein Mensch ist illegal» trug.

«Angriff von rechts»

Doch eben, er kam noch einmal um den Gang auf Schloss Burgdorf herum, er, der bis vor knapp zwei Monaten als Kantonalpräsident Politik für die rechts gerichtete Partei national orientierter Schweizer (Pnos) machte. Kurzfristig ist die Verhandlung in die zweite Hälfte April verschoben worden ? auf Begehren seines Anwalts.

Ein politisches Manöver, wie die Opfer vermuten? Immerhin werden dannzumal die Grossratswahlen, zu denen die Pnos heuer erstmals antritt, vorbei sein. Der politische Schaden, den der Prozess für die Partei anrichten könnte, hielte sich also in Grenzen. Doch der Anwalt winkt ab. Für die Verschiebung führt er vielmehr ganz praktische Gründe ins Feld. Er sei vom Klienten erst in den letzten Wochen angegangen worden, sagt er. Nun brauche er Zeit, um sich einzuarbeiten.Auch die Gegenseite blendet ein paar Wochen zurück. So vermutet der Anwalt der Opfer, dass dem ehemaligen Pnos-Präsidenten tatsächlich wohl erst in den Tagen vor Weihnachten so richtig klar geworden ist, dass er vor Gericht antreten muss. Und er betont weiter, dass es in der Solätte-Nacht «klar um einen Angriff von rechts» gegangen sei. Das könne man bereits heute sagen, da der Untersuchungsrichter die Verfahren gegen das junge Paar und ihre Verteidiger eingestellt habe. Zu Beginn sei die Polizei noch gleichermassen gegen alle am Geschehen auf der Terrasse Beteiligten vorgegangen.

Kein Parteimitglied mehr

Übrigens: Als der Pnos-Politiker als Kantonalpräsident abtrat, war ebenfalls kurz vor Weihnachten. Für die Partei ist der Zeitpunkt allerdings Zufall. Man habe seit längerem darüber diskutiert, welche Konsequenzen die Prügelei haben müsse, «da wir mit Politik und nicht mit Gewalt auffallen wollen». Gezogen hat sie der Betroffene gleich radikal. Heute ist er nicht einmal mehr gewöhnliches Parteimitglied.

Die Partei, die vor allem Politik bieten will, fiel bislang vor allem anderweitig auf. Die zwei Kandidaten, mit denen die Pnos zu den Grossratswahlen antritt, zeigen das exemplarisch. So machte der Langenthaler Stadtrat Tobias Hirschi Schlagzeilen, als er nach der letzten, von den Rechten arg gestörten 1.-August-Feier auf dem Rütli mit Gesinnungsgenossen durch Brunnen marschierte. Bei Dominic Lüthard ist die Mitgliedschaft in der Rockband «Indiziert» heikel. Im Januar nahm die Polizei aus dem Probenlokal Material mit, das möglicherweise gegen die Antirassismusstrafnorm verstösst.