Die Schweiz als «Feindin des Islams»

Neue Luzerner Zeitung vom 8.7.2010

Gestern hat der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) seinen Jahresbericht vorgestellt. Darin beurteilten die Staatsschützer die Bedrohungen und Gefahren für die Schweiz. Als «eine der aktuellsten Bedrohungen» betrachtet der Nachrichtendienst den Terrorismus. Dabei warnt der Nachrichtendienst aber auch vor Überreaktionen.

Die Annahme der Anti-Minarett-Initiative hat laut dem Nachrichtendienst die Bedrohungslage «nur unwesentlich» verändert. Festzustellen sei allerdings seither eine Propagierung und Wahrnehmung der Schweiz als «Feindin des Islams», schreibt der Nachrichtendienst. Setze sich diese Sichtweise durch, nehme die Terrorismusgefahr zu.

Im vergangenen Jahr beschäftigten sich die Staatsschützer aber primär mit Aktionen anderer Art. Im Dezember 2010 besetzten 50 Personen kurdischer Herkunft während dreier Stunden Räumlichkeiten des Schweizer Fernsehens. Sie forderten einen TV-Beitrag über die Haftbedingungen von Abdullah Öcalan. 44 Personen wurden vorübergehend festgenommen, wie dem Bericht zu entnehmen ist.

Stabile Szene

Leicht zugenommen hat die Zahl rechtsextremer Ereignisse. Der Nachrichtendienst zählte 85 davon, 9 mehr als im Vorjahr. Die Szene blieb aber stabil: Der Nachrichtendienst geht von einem harten Kern mit 1200 Personen und 600 Mitläufern aus. Ebenfalls eine leichte Zunahme verzeichnete der Dienst bei den linksextremen Ereignissen. Deren Anzahl betrug 220 gegenüber 214 im Vorjahr. Auch hier blieb die Szene stabil. Ihr werden 2000 Personen zugerechnet, wobei der Nachrichtendienst die Hälfte als gewalttätig einstuft.

Sorgen bereiten dem Nachrichtendienst schliesslich Cyber-Attacken. In letzter Zeit sei es vermehrt zu konzertierten Angriffen auf die Informatikinfrastruktur des Bundes gekommen, heisst es im Jahresbericht. (sda)