Die Schläger von Huttwil sind der Polizei keine Unbekannten

Der Bund vom 22.01.2013

Rechtsextreme haben in Huttwil einen Mann aus Sri Lanka angegriffen.

Joël Baumann

Am Samstagabend kam es in Huttwil zu unschönen Szenen: Eine Gruppe junger Männer machte regelrecht Jagd auf einen Mann aus Sri Lanka und zertrümmerte dabei die Scheibe eines Kebab-Lokals. Dabei begann es eigentlich harmlos: Ein Mann aus der Region Huttwil organisierte am Samstagabend eine Geburtstagsfeier in der Bar RoChé. Er habe die Wirtin und Besitzerin der Bar im Vorfeld angefragt, wie diese auf Anfrage sagt. Obschon ihr bewusst gewesen sei, dass der Mann ein «Fan der rechten Szene» sei, hatte sie keine Einwände. «Er war Stammgast und immer freundlich.» Zudem habe er ihr versichert, dass es «ruhig» bleiben werde.

«Brutal ausgerastet»

Ruhig ist es aber nicht geblieben. Kurz nach 20 Uhr rückte die Polizei aus. Der Grund: eine Meldung, wonach drei Rechtsextreme einen Mann aus Sri Lanka angreifen würden («Bund» vom 21. 1.). Nachdem eine Passantin Schlimmeres verhindern konnte, hat die Polizei geschlichtet und ist wieder abgezogen. Die Geburtstagsparty ging weiter.

Später, so schildert die Wirtin, sei der Mann aus Sri Lanka, auch er ein Stammgast, wieder zurückgekommen – diesmal mit einem Freund. Unvermittelt habe einer der Gruppe sie aufgefordert, die beiden Männer aus der Bar zu werfen. Als kurz darauf der eine Mann aus Sri Lanka auf die Toilette wollte, sei einer der Gruppe hinterher und «brutal ausgerastet», so die Wirtin. «Wie ein Tier.» Die Wirtin konnte sich dazwischenstellen, die Kollegen hielten den stark alkoholisierten Mann zurück.Währenddessen flüchtete der andere Mann aus Sri Lanka aus der Bar in den Hutto-Kebab, wo ihn laut der Wirtin die Mitarbeiter verteidigt haben. Später skandierten die Männer in Springerstiefeln auf der Bahnhofstrasse vor dem Lokal «Sieg heil». Einer von ihnen hat laut der Polizei mit einem Stuhl die Scheibe des Kebab-Lokals eingeschlagen. Als die Polizei an diesem Abend zum zweiten Mal anrückte, fehlte von den Männern aus Sri Lanka jede Spur. Die Rechtsextremen wurden kontrolliert und noch am selben Abend entlassen.

Staatsanwaltschaft ermittelt

Laut Alice Born, Mediensprecherin der Kantonspolizei Bern, handelt es sich bei der Gruppe um vier Männer im Alter von 21, 22, 23 und 37 Jahren. Es sei aufgrund der skandierten Parolen und ihrer äusseren Erscheinung offensichtlich, welchem Milieu die Männer angehörten. Und die Polizei kennt sie bereits: «Einige sind polizeilich bekannt und vorbestraft. Aber nicht wegen der Antirassismusstrafnorm», sagt Born. Zurzeit prüfe die Polizei, ob die Männer diesmal gegen die Antirassismusstrafnorm verstossen haben. Die Staatsanwaltschaft sei eingeschaltet. Ob es beim tätlichen Angriff in der Bar einen Zusammenhang mit Rechtsextremismus gebe, sei Gegenstand der Ermittlungen.

«Huttu» im Visier der Rechten?

Rechtsextremismus ist in der Region Emmental-Oberaargau nichts Neues: «Der Raum Langenthal war für rechtsextreme Exponenten bekannt», so Born. In den letzten Jahren sei es aber ruhig geblieben. 2004 wurde ein Mitglied der rechtsradikalen Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) in den Langenthaler Stadtrat gewählt. Im Februar 2012 kam Huttwil wegen gesprayter Nazi-Symbole in die Schlagzeilen.

Ist der Vorfall vom Samstag Zufall oder haben Rechtsextreme «Huttu» gezielt ins Visier genommen? Gemeindepräsident Hansjörg Muralt (SVP) sagt: «Das Dorf Huttwil ist kein Treff für Rechtsextreme.» Ein paar Jugendliche aus dem Städtchen hätten sich 2012 den «Blödsinn mit den Nazi-Symbolen» erlaubt. Die Vorfälle vom Samstagabend seien «absolut zu verurteilen». Man müsse aber relativieren: «Das war kein gross angekündigter Rechtsanlass, sondern eine Geburtstagsparty.»

 

Eine harmlose schnapsgetränkte Geburtstagsparty? Hans Stutz, Beobachter der rechtsextremen Szene, entgegnet: «Diese Argumentationsschiene kennt man schon lange. Tatsache bleibt: Die Opfer entsprechen rechtsextremen Feindbildern.»