Die Redeschlacht um die Schlachtfeier

Willisauer Bote vom 29.1.2010

Regierung will 2010 die Feier auf einen Gottesdienst beschränken

Die Sempacher Schlachtfeier soll von Rechtsextremen nicht mehr als Plattform missbraucht werden. Deshalb führt der Kanton heuer nur einen schlichten Gottesdienst durch. Für 2011 stellt er ein neues Konzept in Aussicht.

Norbert Bossart

Die Feier, die an die Schlacht von 1386 erinnert, wurde immer stärker zu einem Treffpunkt von Rechtsextremen. Das war augenscheinlich: vor Ort und weit über die Landesgrenzen hinaus via Fernsehen. Die Zahl der Rechtsextremen, die am Ende des Festumzuges vom Städtchen zum Schlachtfeld marschierten, wuchs stetig. 2009 organisierten die Juso deswegen eine Demonstration. Damit sich die Gruppen nicht in die Quere kamen, war ein immenses Polizeiaufgebot nötig. Kostenpunkt: satte 300 000 Franken, wie die Regierung auf eine Anfrage schreibt. Diese hatte Albert Vitali (FDP, Oberkirch) im Namen der FDP eingereicht.

Heuer will die Regierung nur einen schlichten ökumenischen Gedenkgottesdienst durchführen. Nach dem Kirchgang zieht die Festgemeinde nicht wie üblich von Sempach zur eigentlichen Feier auf das Schlachtfeld. Dies hielt Regierungspräsident Anton Schwingruber am Dienstag vor dem Kantonsrat fest. An welchem konkreten Tag der Gottesdienst stattfindet, stehe noch nicht fest.

Zurück zu den Wurzeln

Die Regierung gehe heuer zu den Ursprüngen der Feier zurück, sagte Anton Schwingruber. Und der Regierungspräsident lud den Kantonsrat zum geschichtlichen Exkurs: Die Schlachtjahrzeit gehe auf ein Gelübde der Luzerner Regierung zurück. Sie habe versprochen, alljährlich den Gefallenen der Schlacht zu gedenken und an die Bedeutung dieses Ereignisses für die Entwicklung des Kantons und der Eidgenossenschaft zu erinnern. Weiter habe die Schlachtjahrzeit «nichts zu tun mit politisch motivierter Heldenverehrung oder nationalistischer Selbstbeweihräucherung». Die Regierung missbillige entschieden «die zunehmende Verpolitisierung». Sie schreibt: «Die Sempacher Schlachtjahrzeit darf in Zukunft keine kostspielige Plattform für politisch extreme Gruppierungen mehr sein.» Die öffentliche Wahrnehmung müsse wieder auf das eigentliche Gedenken an die Schlacht und die Folgen für den Kanton gerichtet ist, sagte Schwingruber. Daher sei «ein Marschhalt» einzulegen beziehungsweise «eine kreative Denkpause» einzuschalten. Erst recht, weil sich 2011 die Schlacht zum 625. Mal jähre. Eine Projektgruppe unter Staatsschreiber Markus Hodel werde auf dieses Jubiläum hin ein neues Konzept ausarbeiten.

«Kapitulation»

Anfrager Albert Vitali war mit der regierungsrätlichen Antwort nicht zufrieden. Auch 2010 müsse eine Feier, zu der alle Zutritt hätten, durchgeführt werden. Weitere Votanten der SVP, FDP und CVP reagierten ebenfalls negativ auf die Ankündigung der Regierung, dieses Jahr auf eine Feier zu verzichten.

Die Gesellschaft kapituliere vor Radikalen, sagte beispielsweise Heidi Frey-Neuenschwander (CVP, Sempach). Diese Feier sei für Sempach so wichtig, «wie es die Gansabhauete für Sursee ist». Marcel Omlin (SVP, Rothenburg) bezeichnete die Regierung als «heimatmüde». Und Guido Luternauer (SVP, Schenkon) warf der Linken vor, mit ihrer letztjährigen Demo «die letzte patriotische Feier» gebodigt zu haben. Luternauer sprach weiter nicht von Rechtsextremen, die am Festzug mitmarschierten, sondern nannte sie explizit «junge Eidgenossen».

«Akt der Vernuft»

Positiver reagierten SP und Grüne auf die Pläne der Regierung. Sie sei erleichtert, dass dieses Jahr auf eine Feier verzichtet werde, sagte etwa Silvana Beeler Gehrer (SP, Ebikon). Nino Froelicher (Grüne, Kriens) verwies darauf, dass Sempach zu einer rechtsradikalen Ersatzveranstaltung für das Rütli geworden sei. Der Entscheid der Regierung sei deshalb «ein staatspolitischer Akt der Vernunft».

Regierungspräsident Schwingruber wies Vorwürfe vor allem der SVP zurück, dass mit dem gewählten Vorgehen an der Abschaffung der Feier gearbeitet werde. Ziel der Regierung sei es gerade, an dem Anlass festzuhalten, sagte er. Und Schwingruber wiederholte: «Sie darf aber keine kostspielige Plattform für extreme Gruppierungen mehr sein.»

Sempach will lokale Feier organisieren

Weil der Regierungsrat dieses Jahr nur einen Gottesdienst organisiert, richtet das Städtchen selbst einen Gedenkanlass aus. Sie könne den Entscheid des Regierungsrates nicht mittragen, hält die Stadtregierung fest. Die Schlachtjahrzeit sei in der Bevölkerung «tief verwurzelt» und «ein wichtiger Bestandteil im Jahresprogramm». Die lokale Feier solle deshalb den historischen Charakter und die traditionelle Komponente der Schlachtjahrzeit beinhalten.

Der Vorstoss zu den Vorstössen

Kostentransparenz. Die Luzerner Kantonsräte wollen nicht wissen, wie teuer die Beantwortung ihrer Vorstösse in der Verwaltung kommen. Demokratie habe ihren Preis, befand der Rat. Fast einstimmig lehnte er ein Postulat ab, das einst von 19 CVP-Mitgliedern unterzeichnet worden war.

Markus Odermatt (CVP, Ballwil) glaubt, dass mit einer Deklaration der Kosten die grosse Zahl an Vorstössen gesenkt werden könnte.

Stefan Wassmer (FDP, Emmen) zweifelte, dass eine Deklaration die Aktivitäten der Politiker bremsen wird. Die Kosten würden ja erst dann sichtbar, wenn der Vorstoss beantwortet sei, sagte er.

Mehrere Votanten wiesen darauf hin, dass das Einreichen von Vorstössen zur Arbeit und zu den Rechten von Parlamentariern gehöre. «Demokratie hat nicht nur einen Wert, sondern auch einen Preis», hielt Hilmar Gernet (CVP, Schenkon) fest. Nino Froelicher (Grüne, Kriens) hält nichts von einer Ökonomisierung von allem. «Der Wert des Vorstosses ergibt sich aus dem Inhalt und nicht aus der Arbeit, die er der Verwaltung verursacht.»

Keinen Handlungsbedarf sah auch die Regierung. «Wir trauen Ihnen zu, dass Sie nur sinnvolle und nötige Vorstösse machen», sagte Regierungspräsident Anton Schwingruber.

Nach einer Berechnung des Luzerner Regierungsrats aus dem Jahr 2003 kostet die Beantwortung eines Vorstosses im Schnitt rund 2500 Franken.sda/-art.

Polizeikosten abgelten

Veranstaltungen. Ob bei FCL-Spielen, Demos oder Radrennen: Diverse Anlässe haben Grosseinsätze der Polizei zur Folge. Zu deren Kosten reichte Hans Aregger (CVP, Buttisholz) ein Postulat ein, das der Kantonsrat am Dienstag guthiess.

Die Organisatoren, so Aregger, sollen für den Zusatzaufwand der Polizei mitverantwortlich gemacht werden; bezahlen. Auch jene von Kundgebungen, wie Aregger vor dem Parlament festhielt. «Nach meiner Meinung hat jede Organisation, Personengruppe oder Einzelperson verhältnismässig für die Sicherheits- und allfällige weitere Kosten, welche sie durch ihren Anlass auslöst, geradezustehen. Und zwar im Voraus.» Er sei nicht damit einverstanden, wenn Demo-Veranstalter von den Kosten freigesprochen würden, «nur weil man sich auf die Meinungsäusserungsfreiheit beruft».

Gegen das Postulat wandten sich die Linke sowie die SVP. Aus unterschiedlichen Gründen. Für Moritz Bachmann (SVP, Malters) wird der Hebel am falschen Ort angesetzt. Bei FCL-Spielen gelte es beispielsweise nicht den FCL und damit das gesamte Publikum mit zusätzlichen Kosten zu bestrafen. Die Rechtsordnung müsse durchgesetzt werden. Chaoten gelte es härter anzupacken und für die Kosten verantwortlich zu machen.

Für SP-Vertreter und Grüne schränken Kostenforderungen an die Adresse der Organisatoren von politischen Kundgebungen Grundrechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit ein.-art.

Markus Zemp referiert

CVP-Bauern. Politik, ganz besonders Agrarpolitik, ist komplex und vielschichtig. Wer sich vertieft mit agrarpolitischen Fragen auseinandersetzt, kann nicht mit Schlagwörtern um sich werfen. Am öffentlichen Informations- und Diskussionsabend der CVP Landwirtschaftskommission des Kantons Luzern vom kommenden Dienstag, 2. Februar, um 19.45 Uhr im Restaurant Rössli in Hellbühl wird der Aargauer Nationalrat Markus Zemp (unser Bild) die gegenwärtige Ausgangslage der Landwirtschaft im wirtschaftlichen Umfeld der Schweiz, Europas und der Welt aufzeigen und die Haltung der CVP als verantwortlichen Leader in der Agrarpolitik begründen.

In der anschliessenden Podiumsdiskussion diskutieren aktive Bauern über eine zukunftsgerichtete Landwirtschaftspolitik. Pfannenfertige Lösungen würden dabei nicht aufgetischt – aber es werde aufgezeigt, was die Politik unter anderem hinsichtlich sich öffnender Märkte für die Landwirtschaft tut und wie sich die Landwirtschaft selber helfen kann, schreiben die Organisatoren. Das Schlussreferat wird von Christoph Böbner, Leiter lawa, gehalten.pd/WB

Dienstag, 2. Februar, 19.45 Uhr, Restaurant Rössli, Hellbühl.

Luzern gibt nicht nach

PHZ-Konkordat. Der Kanton Luzern betrachtet die drei Standorte für die Pädagogische Hochschule Zentralschweiz (PHZ) nach wie vor als Nachteil. Er lehnt einen Kompromissvorschlag ab, hält an der Überprüfung der Strukturen fest und will im März den definitiven Entscheid fällen. Die PHZ ist heute auf die Standorte Luzern (1054 Studenten), Zug (212) und Goldau SZ (174) verteilt. Für die Luzerner Regierung ist das eine Schwäche des Konkordates. Das Festhalten an den drei Standorten für die Ausbildung erschwere eine effiziente Organisation, heisst es in einer Medienmitteilung.

Im Sommer 2009 hatte die Luzerner Regierung ihre Absicht bekannt gegeben, das PHZ-Konkordat aufzulösen und die Pädagogische Hochschule künftig in Eigenregie zu führen. Die vorgeschlagenen Reformen des Konkordates gehen Luzern zu wenig weit. Der Alleingang Luzerns stösst in den andern Kantonen auf wenig Gegenliebe. Am 18. Januar forderte der Konkordatsrat die Luzerner Regierung auf, von einem Abbruch der regionalen Zusammenarbeit abzusehen und über ein neues Konkordat, eine sogenannte «Optimierungsvariante», zu verhandeln. In der Antwort bekundet die Luzerner Regierung Verständnis für die Sorge der Partnerkantone. Doch hält sie an der Überprüfung der Konkordats-struktur fest. Im März will sie definitiv entscheiden. Bis dann sollten die Abklärungen mit den Konkordatspartnern über mögliche neue Strukturen abgeschlossen sein.sda

Läden länger offen halten

FDP-Postulat. In einem Postulat fordert Rolf Born (FDP, Emmen) den Regierungsrat auf, einen Planungsbericht über die Anpassung der Ladenöffnungszeiten aufgrund veränderter Kundenverhaltens und zur Gewährleistung der Wettbewerbsfähigkeit der Verkaufsgeschäfte im Kanton Luzern zu erstellen. Mit der Eröffnung der Autobahn A4 durchs Knonaueramt sei die Erreichbarkeit des Grossraums Zürich markant verbessert worden, schreibt Born. Die Öffnungszeiten der Verkaufsgeschäfte weichen im Grossraum Zürich und in den Nachbarkantonen von den Ladenöffnungszeiten im Kanton Luzern ab. «Es ist daher davon auszugehen, dass ein grosser Anteil von Kunden aus dem Kanton Luzern die ausserkantonalen Geschäfte frequentiert», folgert Born. Es müsse deshalb geprüft werden, mit welchen Anpassungen der Öffnungszeiten, die sämtlichen Branchen dienen, die Wettbewerbsfähigkeit der Luzerner Geschäfte erhalten werden kann. Aber auch das veränderte Einkaufsverhalten der Luzernerinnen und Luzernern muss gemäss FDP-Postulat analysiert werden. Bei der Anpassung der Öffnungszeiten gelte es aber auch den berechtigten Interessen der Geschäftsinhaber und der Mitarbeitenden Rechnung zu tragen, schreibt Rolf Born.WB

Am Festzug auf das Schlachtfeld marschierten in den letzten Jahren immer mehr Rechtsextreme mit. 2010 verzichtet die Regierung auf den Marsch und will nur einen schlichten Gedenkgottesdienst organisieren. Für das 625-Jahr-Gedenken im Jahr 2011 wird ein neues Festkonzept erarbeitet.Foto WB