Definitiv aufs Rütli

Bund

Rütlikommission gibt grünes Licht für 1.-August-Feier

BUNDESFEIER · Die 1.-August-Feier auf dem Rütli findet definitiv statt. Das hat die Rütlikommission der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft gestern beschlossen. Nachdem die Stadt Luzern sich als Abfahrtsort für die Schiffe zur Verfügung gestellt hat, sei die Machbarkeit für die Feier gegeben. Als Rednerinnen werden Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey (sp) und Nationalratspräsidentin Christine Egerszegi (fdp) auftreten.

Kostenbeteiligung bis 200 000 Fr.

Die Feier ermöglicht haben die Unternehmer Johann Schneider-Ammann und Nicolas Hayek, die sich anstelle des Bundes an den Sicherheitskosten beteiligen. Sie stünden für «100 000 bis 200 000 Franken» gerade, sagt der Berner FDP-Nationalrat Schneider-Ammann im «Samstagsinterview». Motiv für ihr Handeln sei, dass es «an diesem ehrwürdigen Ort eine würdige Feier» geben solle.

KOMMENTAR

Unschweizerische Rütli-Feier

Die Sympathien sind wohl ziemlich klar verteilt: Viele Leute im Land sind den Unternehmern Schneider-Ammann und Hayek dankbar, dass diese mit einer Spende die Nationalfeier auf dem Rütli ermöglichen. Das wird als patriotischer Wille gelesen, trotz widrigen Umständen eine Feier durchzuziehen und nicht vor ein paar Rechtsextremen zu kuschen. Auch Bundespräsidentin Calmy-Rey fliegen die Sympathien zu: Die Frau gilt als mutig, weil sie von Anfang an gesagt hat, sie wollte an der bedeutungsschwangeren Stätte mit oder ohne offizielle Feier ein Zeichen setzen. SVP-Präsident Maurer hingegen hat mit dem Spruch von der Kuhfladenwiese vaterländische Gefühle verletzt. Auch der Gesamtbundesrat steht im Volksempfinden als griesgrämiger Spielverderber da, weil er sich nicht an den Sicherheitskosten der Innerschweizer beteiligt.

Aus praktischen Gründen ist es besser, wenn am 1. August auf dem Rütli eine offizielle Feier stattfindet. So kann man das Geschehen in geordnete Bahnen lenken. Der Horror wäre gewesen, wenn im Fall einer Absage Tausende dem SP-Aufruf gefolgt wären, die Wiese am See trotzdem in Beschlag zu nehmen. Wer hätte die Verantwortung übernommen, wenn die Sicherheitskräfte überfordert gewesen wären und es bei Zusammenstössen mit Rechtsextremen Verletzte gegeben hätte? Die SP? Der Bund? Die Innerschweiz?

Grund zur Festfreude besteht trotzdem nicht: Die Bedeutung, die die Rütli-Feier in den letzten Wochen bekommen hat, ist ärgerlich, ja sogar unschweizerisch. Die nüchtern republikanische und föderalistische Schweiz geht sonst wohltuend zurückhaltend mit nationalen Festdaten und Symbolen um. Plötzlich geniesst jetzt aber der Rütli-Anlass den Status der Mutter aller Bundesfeiern. Noch vor wenigen Jahren war die Veranstaltung eine lokale Feier ohne Bundesräte.

Wenn Calmy-Rey auf dem Rütli die «offene, multikulturelle Schweiz» feiern will, ist das schön und recht. Aber gerade diese Schweiz zeigt sich am besten darin, wenn die Rütli-Feier kein spezielles Gewicht hat. In dieser Schweiz hält in Delémont ein Ausländer die 1.-August-Rede, in Gossau ein Rechter, in Pratteln ein Linker, in Bivio ein Senior, in Agno ein Schüler – und alle Feiern sind gleich wichtig.