Das «Winnetou»-Kultglacé überlebt die Rassismus-Debatte – doch andere Namen verschwinden

Limmattaler Zeitung. Nach der «Black Lives Matter»-Bewegung reagierten viele Konzerne und tauften umstrittene Produkte wie «Uncle Ben’s» um. Auch das «Winnetou»-Glacé wurde kritisiert. Doch der Hersteller, an dem Nestlé beteiligt ist, will den Namen beibehalten.

Die «Black Lives Matter»-Bewegung hat viele Konzerne zum Umdenken gebracht. Mit der Tötung George Floyds durch einen Polizisten begann eine Debatte über den strukturellen Rassismus, der bis hin zu Alltagsprodukten im Küchenregal reicht.

So hat Mars inzwischen seine Reis-Kultmarke «Uncle Ben’s» umgetauft in «Ben’s Original». Das Logo hatte zuvor das Bild eines älteren, schwarzen Mannes gezeigt, der nach einem texanischen Reisbauern benannt ist. Zudem trug er einen weissen Kragen, so wie einst schwarze Bedienstete in den USA. Und der Name «Uncle» gilt als belastet, da früher in den Südstaaten Schwarze nicht mit Mr. oder Mrs. sondern mit Uncle (Onkel) oder Aunt (Tante) angesprochen wurden. Entsprechend hat auch Pepsico angekündigt, die Pfannkuchen-Marke Aunt Jemima anzupassen.

In den Fokus der Debatte rückte auch das Schweizer Kultglacé «Winnetou» des Herstellers Frisco, der zur Firma Froneri gehört, einem Joint-Venture, an dem Nestlé beteiligt ist. Im Juli, während weltweit Menschen gegen Rassismus protestierten, gab Froneri gegenüber dieser Zeitung bekannt, dass man eine Namensänderung des Winnetou-Glacés im Zuge der Rassismus-Debatte prüfe.

Doch nun ist klar: «Winnetou» behält seinen Namen und auch das Verpackungsbild mit einem stereotypen US-Ureinwohner mit Federschmuck, wie eine Froneri-Sprecherin auf Anfrage bestätigt: «Nach internen Abklärungen belassen wir bis auf weiteres den Namen und die Verpackung.» Eine Erklärung, weshalb man zu diesem Schluss gekommen ist, nennt sie nicht.

Für Susan Arndt, Professorin für Anglistik und Kulturwissenschaften an der Universität Bayreuth, ist hingegen klar, dass der Name und das Design verschwinden müssten, wie sie gegenüber CH Media im Sommer darlegte. «Ich bin selber mit den Winnetou-Filmen aufgewachsen und habe sie geliebt, aber bei Mays Erzählungen handelt es sich um eine Romantisierung einer in Tat und Wahrheit gewaltsamen rassistischen Geschichte.»

Winnetou werde als friedlicher Freiheitskämpfer dargestellt, der sich mit Old Shatterhand verbrüdert, sodass die weisse Leserschaft ihre Komfortzone nicht verlassen müsse, sagt Arndt. «Dass mit der Kolonialisierung von Nordamerika ein Genozid einherging, bei dem 80 bis 90 Prozent der ursprünglichen Bevölkerung ermordet wurden, wird komplett ausgeblendet.»

Dennoch überlebt «Winnetou» also vorläufig die Rassismus-Debatte. In Australien reagiert Nestlé hingegen bei zwei Produkten. Vor kurzem hat der Westschweizer Nahrungsmittelkonzern angekündigt, den Namen des Snackprodukts «Red Skins» in «Red Ripper» umzutaufen. Und die «Chicos»-Snacks heissen neu «Cheekies». Die Kritik an den beiden Namen war nicht neu, wie «CNN» schreibt. Aber erst durch «Black Lives Matter» fühlte sich der Nahrungsmittelkonzern gezwungen, die Kritik ernst zu nehmen.

«Redskin» gilt als rassistischer Begriff für amerikanische Ureinwohner. «Chico» wird auf Spanisch verwendet für «Buben», «Kinder» oder «klein». Bei der Süssigkeit handelt es sich um braune Gummi-Figuren mit Schokoladengeschmack.

«Nestlé bekennt sich dazu, den Respekt für Freunde, Nachbarn und Kollegen hochzuhalten», lässt sich ein Konzernmanager zitieren. Man hoffe, dass die australische Kundschaft die neu benannten Produkte weiterhin unterstützen werde. Nestlé hat zudem angekündigt, seine «Beso de Negra»-Marshmallows umzubenennen. Der Name lautet übersetzt «Kuss einer schwarzen Frau».