«Das können Sie nicht verhindern»

BaslerZeitung

Baader (SVP) widerspricht Leuenberger (SP): SVP trägt keine Mitschuld am Rütli-Aufruhr

INTERVIEW: BENEDIKT VOGEL

Bundesrat Moritz Leuenberger (SP) hat der SVP gestern eine Mitschuld an den Verbalattacken auf Bundespräsident Schmid bei der Bundesfeier auf dem Rütli zugewiesen. Caspar Baader, Baselbieter SVP-Nationalrat und Chef der Bundeshausfraktion, weist den Vorwurf zurück.

baz: Herr Baader, Bundesrat Christoph Blocher hat zu den Pöbeleien Rechtsextremer auf dem Rütli bisher geschwiegen. Wäre es nicht Pflicht eines Justizministers, hier klar Stellung zu beziehen?

Nationalrat Caspar Baader: Veranstalterin der 1.-August-Rede auf dem Rütli ist die Rütlikommission. Sie ist verantwortlich für alle Veranstaltungen auf dem Rütli, und sie ist nun gefragt. Es ist nicht die Aufgabe des Justizministers, hier Stellung zu beziehen. Im Übrigen war es die Rede des Bundespräsidenten, und wenn schon, dann muss er sich dazu äussern.

SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli hat Bundespräsident Samuel Schmid als charakterlos bezeichnet, Christoph Blocher nannte ihn schon im Jahr 2002 einen «halben Bundesrat». Diese Begriffe wurden nun von den Rechtsextremen auf dem Rütli aufgenommen und erneut gegen Schmid vorgebracht. Liefert die SVP den Rechtsaussen den Stoff für ihre Unflätigkeiten?

Nein, die SVP distanziert sich ganz klar sowohl vom Linksextremismus wie vom Rechtsextremismus. Wir haben immer wieder bewiesen, dass wir diese Elemente ausschliessen, wenn sie versuchen, in die SVP reinzukommen, bei Wahlen ebenso wie bei politischen Veranstaltungen. Die SVP Genf hat es seinerzeit vorgemacht.

Wie kommt es denn bei Ihnen an, dass Begriffe der SVP von Leuten übernommen werden, mit denen Sie nichts zu tun haben wollen.

Weder die SVP noch die SP kann verhindern, dass extreme Gruppierungen Äusserungen ihrer Politiker übernehmen. Das liegt ausserhalb unseres Einflussbereiches. Sonst müsste man ja auch jedesmal sagen, wenn linksextreme Randalierer Gedankengut von SP-Politikern verbreiten, die SP sympathisiere mit diesen. Was die SVP tun kann, ist, dass wir uns klar von diesen Leuten distanzieren, und das haben wir gemacht.

Bundesrat Moritz Leuenberger sagte gestern in einem Interview mit dem «Tagesanzeiger», indem Exponenten ihrer Partei diffamierende Begriffe wie «charakterlos» oder «Halbbundesrat» verwendeten, würden sie eine «hasserfüllte Stimmung» schaffen.

Bundesrat Leuenberger versucht nun einfach, politisches Kapital aus der Sache zu schlagen. Es geht nicht darum, eine hasserfüllte Stimmung zu schaffen, sondern es geht der SVP darum, dass wir die bestehenden Probleme offen beim Namen nennen wollen.

«Der politische Umgangston ist absolut inakzeptabel geworden», sagt Moritz Leuenberger.

Schauen Sie: In den letzten 15 Jahren haben wir derartige Fehlentwicklungen in diesem Land gehabt, vor allem im finanziellen Bereich, im Steuerbereich, aber auch bei der Entwicklung der Kriminalität. Es ist wichtig, dass wir diese Fehlentwicklungen aufdecken, ohne etwas zu beschönigen. Das hat auch etwas mit politischer Ehrlichkeit zu tun.

Ist es denkbar, dass sich unter den Protestierenden auf dem Rütli auch SVP-Anhänger befunden haben?

Das weiss ich nicht, ich war nicht auf dem Rütli. Ich gehe allerdings nicht davon aus, denn Bundespräsident Schmid ist ja auch ein SVP-Bundesrat, und er hat innerhalb der Partei die Akzeptenz, dass man ihm zumindest zugehört hätte.

Was sagen Sie zum Vorwurf, die SVP grenze sich zu wenig klar gegen Rechtsextreme ab?

Das ist falsch. Das bereits erwähnte Beispiel von Genf zeigt klar das Gegenteil.

Wie lautet Ihr Rezept für den Umgang mit Rechtsextremen?

Ich verurteile jegliche Art von Extremismus, sei es von links oder von rechts, und das war bisher auch immer die Haltung der SVP. Man soll die 1.-August-Rede auf dem Rütli weiterhin durchführen. Aber man muss Zugangskontrollen machen, genau gleich, wie wenn man im Joggeli in Basel oder auswärts einen Match veranstaltet. Täten wir das nicht, müssten wir ja alle Fussballmatches verbieten. Man muss die Störenfriede herauspflücken. Die Polizei kennt diese Leute ja. Sie hat es in der Hand.

In Langenthal sitzt die Partei National Orientierter Schweizer (Pnos), die mit hinter den Verbalattacken auf dem Rütli steckt, im Stadtparlament. Ein weiterer Pnos-Anhänger ist der Gemeinderat in Günsberg (SO). Verlangt diese neue Entwicklung nach einer neuen politischen Antwort?

Für mich wäre es völlig falsch, eine Partei verbieten zu wollen. Wenn man dies tut, dann entsteht sofort eine neue Partei mit einem anderen Namen, deren Mitglieder ein ähnliches Gedankengut haben. Man muss der Entwicklung politisch entgegenwirken. Aber das gilt auch für die Linksextremen.

Ist die SVP bereit zu einer parlamentarischen Zusammenarbeit mit der Pnos?

Auf Bundesebene haben wir das Problem nicht.

Aber auf Gemeindeebene.

Was die Pnos-Vertretung in Langenthal angeht, müssen Sie die SVP des Kantons Bern fragen.

Wie denken Sie persönlich in der Frage?

Ich würde dies ablehnen, aber die Frage hat sich noch nicht gestellt. Ich kann mir nur eine Zusammenarbeit der SVP mit echt demokratischen Parteien vorstellen, aber nicht mit Randalierern oder anderen Leuten, denen es darum geht, Stunk zu machen.

Klare Grenze. Die SVP distanziere sich deutlich von rechten wie linken Extremisten, sagt der Baselbieter SVP-Nationalrat Caspar Baader. Foto Roland Schmid

Für Bundesrat Leuenberger und Historiker Kreis ist SVP mitverantwortlich

Zürich/Bern. Nach dem Störmanöver Rechtsextremer auf dem Rütli hat Bundesrat Moritz Leuenberger indirekt die SVP kritisiert. Leuenberger warf deren Exponenten in einem «Tagesanzeiger»-Interview vor, die Hemmschwelle in der Politik niedergerissen zu haben. «Woher kommen denn Ausdrücke gegenüber dem Bundespräsidenten wie ?charakterlos? und ?Halbbundesrat??» fragte Leuenberger. Er spielte damit auf Bundesrat Christoph Blocher und SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli an. Blocher hatte Schmid bei einer Parteiversammlung Ende 2002 als «halben Bundesrat» tituliert, nachdem dieser in der Asylpolitik von der SVP-Parteilinie abgewichen war. Mörgeli bezichtigte Schmid Anfang Juni in der «Weltwoche» der Charakterlosigkeit.

Leuenberger präzisierte später in Schweizer Radio DRS, er wolle Blocher nicht persönlich für die Pöbeleien auf dem Rütli verantwortlich machen. Als Urheber des Bildes vom halben Bundesrat sei Blocher aber zumindest der Gebrauch dieses Ausdruckes anzulasten: «Die, welche diese Ausdrücke als Erste gebraucht haben, sind mitverantwortlich für das Klima.»

Der Basler Historiker Georg Kreis forderte in einem «Blick»-Interview die Parteien des rechten Spektrums und insbesondere die SVP auf, auf die jüngsten Störaktionen zu reagieren: «Wenn Rechtsextreme Samuel Schmid als charakterlosen halben Bundesrat beschimpfen, dann wird klar, warum Blocher und seine SVP eine besondere Verantwortung tragen.»