Calmy-Rey erobert das Rütli

BaslerZeitung

SP und SVP nutzen den Nationalfeiertag für ein politisches Fernduell

Der Bundesfeiertag ging in diesem Jahr ohne nennenswerte Zwischenfälle über die Bühne. Bundespräsidentin Calmy-Rey und Justizminister Blocher lieferten sich einen Schlagabtausch zum Thema Volksrechte.

Bundespräsidentin Micheline Cal-my-Rey wischte ihrem Regierungskollegen Christoph Blocher und der SVP gleich zwei Mal eins aus. Auf Schloss Lenzburg reagierte sie auf den Einwand des Justizministers vom Vorabend, dass die Volksrechte zunehmend durch sogenanntes Völkerrecht eingeschränkt würden: «Das ist etwa so wahr, wie wenn das Ungeheuer von Loch Ness im Urnersee gesichtet würde.» Auf dem Rütli ging die SP-Politikerin gestern Mittwoch dann mit der Ausschaffungsinitiative der SVP hart ins Gericht und sprach von einer «Politik der Angstmacherei» und der Verunsicherung.

Blocher, der am Mittwochvormittag in Andermatt sprach, replizierte im Schweizer Fernsehen: «Sogar die Sozialisten wollen heute aufs Rütli. Sie sehen, es fängt an zu bessern in unserem Land.» Am Vorabend hatte der Justizminister beklagt, dass sogenannt «höheres» Recht, oder «internationales Recht», oder «Völkerrecht» das demokratisch bestimmte Recht der eigenen Staatsbürger zunehmend beschränke oder gar ausser Kraft setze. Blocher und Calmy-Rey hatten schon vor Jahresfrist auf Distanz die Klingen gekreuzt, damals wegen der Aussenpolitik und den Äusserungen der Aussenministerin zum Libanon-Krieg.

SCHMID MAHNT. Blochers Parteikollege, Bundesrat Samuel Schmid, distanzierte sich von solchen Konfrontationen. Er rügte den grassierenden Populismus. «Man muss sich informieren, um sich nicht von lauten Tönen verführen zu lassen», sagte Schmid. Er zweifle stark, ob es zur Vertrauensbildung beitrage, wenn der Nationalfeiertag zum eigentlichen «Fernduell einzelner Exponenten» emporgeschaukelt werde.

Das Wahljahr liess auch in der Rede von SVP-Präsident Ueli Maurer grüssen, in der er für die Ausschaffungsinitiative seiner Partei warb. Der Staat sorge nicht mehr ausreichend für die Sicherheit seiner Bürgerinnen und Bürger, sagte Maurer, es gebe Gebiete, wo Chaos herrsche und eine Ghettoisierung stattfinde. Hier habe der Staat sein Gewaltmonopol bereits abgegeben, das «Barbarische» sei bei uns eingebrochen. Im Redetext, auf den Maurer sich in seiner im Dialekt gehaltenen Rede abstützte, heisst es: «Was wir heute in der Schweiz erleben müssen, ist der Zerfall unserer Zivilisation und der Aufstieg der Barbarei.»

RUHIGES Rütli. Die Bundesfeier auf dem Rütli, die nur dank Sponsoren aus der Wirtschaft zustande gekommen war, verlief ohne die befürchteten Störungen von Rechtsextremen. Mehrere Dutzend von ihnen wurden schon auf dem Weg zum Rütli von der Polizei gestoppt. Einzelne potenzielle Störenfriede waren auch auf dem Rütli präsent, aber ? bewacht durch Polizisten ? verhielten sie sich ruhig.