Braunes Studio sticht seine Tattoos nicht mehr in Jona

Südostschweiz. Ein Tattoo-Studio in Jona wurde als Treffpunkt und Dienstleister von Neo-Nazis bekannt. Nun ist das Geschäft nach Bubikon gezügelt. Die Ausrichtung scheint unverändert. Von Pascal Büsser


Das Joner Tattoo-Studio Barbarossa geriet letzten Herbst in die nationalen Schlagzeilen. Dies, weil der Organisator des grossen Neonazi-Konzerts im Toggenburg, Matthias Melchner, enge Verbindungen zu Barbarossa-Tätowierer Ondrej «Ondra» Ciporanov hatte. Aus Postings auf Facebook ging hervor, dass das Studio auch Kunden aus der Neo-Nazi-Szene bedient  (Ausgabe vom 19. Oktober). Seit Kurzem ist das Studio allerdings nicht mehr in Jona. Es ist in eine Wohn- und Gewerbeüberbauung in Bubikon gezügelt. Das geht aus einem Eintrag auf Facebook von Ende Juli hervor. An der Allmeindstrasse 32 in Jona, wo sich das Studio vorher befand, war der Gewerberaum vergangene Woche leer. Es standen dort nur noch Mal- und Putzutensilien herum.

Neue eindeutige Facebook-Einträge

Dem Vernehmen nach ist der Miet- vertrag gekündigt worden. Die Bewirtschafterin der Liegenschaft, die Connesso Immobilien AG, wollte das allerdings nicht bestätigen. Sie schrieb nach zwei Tagen Bedenkzeit: «Wir geben grundsätzlich keine Auskunft über private Vertragsverhältnisse.» Auch einer der zwei privaten Eigentümer, den die «Südostschweiz» ausfindig machen konnte, war trotz mehrmaliger Anfrage nicht erreichbar. Die Ausrichtung des Studios scheint unverändert. Noch immer steht als Kontakt die Handynummer von «Ondra». Diese dürfte kaum zufällig mit 88 enden. In der Szene gilt dies als Codewort für «Heil Hitler». Ebenso sind noch in diesem Frühling neue Fotoeinträge auf Facebook erschienen, auf der Personen mit Wehrmachts- oder SS-Tattoos zu sehen sind. Die Waffen-SS war für zahlreiche Kriegsverbrechen im Zweiten Weltkrieg verantwortlich.

Die linksradikalen Aktivisten der Antifa Bern geben an, auf den Facebook-Postings von Barbarossa mehrere Mitglieder rechtsextremer Gruppen identifiziert zu haben. Tätowierer «Ondra» und Konzert-Organisator-Melchner würden Verbindungen zu Neonazis im In- und Ausland unterhalten. «Ondra» hatte allerdings im letzten Herbst der «Südostschweiz» angegeben, schon länger nichts mehr mit Melchner zu tun zu haben.

Vermieter gibt sich überrascht

Der neue Vermieter in Bubikon, Salvatore Gambuzza, zeigt sich auf Anfrage der «Südostschweiz» einigermassen überrascht. Er habe zwar von der Sache im Toggenburg gehört. «Ondra» habe ihm aber versichert, nichts mehr zu tun zu haben mit dem Organisator des mutmasslich grössten Neo-Nazi-Konzerts, das je in der Schweiz stattgefunden hat. Ein gemeinsamer Freund habe «Ondra» zudem als jemanden beschrieben, der keine Probleme mache. Dass der Tätowierer selber mehr oder weniger offen rechtsextremes Gedankengut vertritt und auch Kundschaft aus diesem Segment bedient, will Gambuzza so nicht gewusst haben. Und ergänzt auf Nachfrage: «Grundsätzlich ist es Sache von ‘Ondra’ und seinen Kunden, was er tätowiert.» Er wolle als Vermieter einfach keine Probleme haben.

Ähnlich hatte sich Manuel Rigamonti, der neben weiteren Firmen auch eine Bar in Jona führt, im letzten Herbst geäussert. Er war damals Inhaber des Tattoostudios. Zu seinem tschechischen Tätowierer sagte er: «Ich arbeite mit ‘Ondra’ , weil er super tätowiert. Seine Einstellung ist für mich Privatsache.» Inzwischen hat sich «Ondra» offenbar selbstständig gemacht. Er habe mit «Ondra» einen Vertrag unterschrieben, erklärt Gambuzza. Rigamonti sei ihm nicht bekannt. «Ondra» selber bestätigt am Telefon, nun selbstständig zu arbeiten, ehe er sich unfreundlich verabschiedet. Rigamonti war im Ausland für eine inhaltliche Stellungnahme nicht erreichbar.

Blume oder deutscher Panzer

«Ondra» selber gab sich im letzten Herbst offen für fast alles. «Wenn jemand eine Blume will, tätowiere ich eine Blume.» Und gegebenenfalls halt einen deutschen Panzer. Nur Hakenkreuze mache er nicht.

Rechtlich hat er ohnehin kaum etwas zu befürchten. Nazisymbole und -parolen sind in der Schweiz nicht grundsätzlich verboten, wie Jurist Sergio Giacomini der «Südostschweiz» bereits im Herbst erklärte. Verboten ist nur, damit politisch Werbung zu machen.

Vermieter Gambuzza gibt an, dass er die Situation mit dem Tattoo-Studio in der dreimonatigen Probezeit nun genau beobachten wolle.

Dem Vernehmen nach ist der Mietvertrag des Studios in Jona gekündigt worden.