«Rechtsextrem» ist ehrverletzend

Limmattaler Zeitung: Bezirksgericht Zürich · Journalist muss Busse zahlen

Die Südtiroler Deutschrock-Band «Frei.Wild» hat vor dem Zürcher Bezirksgericht Recht erhalten: Ein Redaktor der Zeitung «20 Minuten» ist der üblen Nachrede schuldig gesprochen worden. Er hatte die Band in einer Bildlegende «in einem Atemzug» mit zwei rechtsradikalen Bands genannt. Der Journalist wird mit einer bedingten Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 180 Franken bestraft, wie das Gericht entschied. Die Staatsanwaltschaft hatte eine bedingte Geldstrafe von 45 Tagessätzen à 180 Franken verlangt sowie eine Busse von 2000 Franken.

Am 15. Dezember 2015 war auf dem Onlineportal von «20 Minuten» ein Artikel des Journalisten erschienen mit der Überschrift «Wenn harmlose Kleidung zur Provokation wird». Dem Beitrag war eine Bildstrecke mit 18 Fotos beigefügt. Diese enthielt eine Auswahl von Kleidungsstücken, die gerne von Rechtsextremen getragen werden. Das vierte Bild zeigte ein T-Shirt der Band «Frei.Wild». Der Autor schrieb darunter: «Eine rechtsextreme Überzeugung lässt sich auch versteckter transportieren, zum Beispiel durch T-Shirts von Bands wie Frei.Wild, Landser oder Skrewdriver.»

Üble Nachrede

Die Bands Landser und Screwdriver seien erwiesenermassen rechtsradikaler Gesinnung, befand gestern das Zürcher Gericht. Indem der Redaktor die Band «Frei.Wild» mit ihnen verglich, habe er sie «in denselben Topf geworfen» und in die rechtsextreme Ecke gedrängt. Und die Bezeichnung «rechtsextrem» sei in der Schweiz als ehrverletzend anzuschauen. Das Gericht sah damit den Straftatbestand der üblen Nachrede erfüllt. Nebst der Geldstrafe muss der Journalist für die Gerichts- und Untersuchungskosten aufkommen. Die Richterin folgte der Argumentation der Anklage. «Rechtsextrem» bedeute, dass eine Grenze überschritten werde. Wenn man von einer politischen Gesinnung am rechten Rand spreche, seien Aussagen wie «rechtspopulistisch» oder «rechtsaussen» angebracht. Der Begriff «rechtsextrem» stehe hingegen für eine radikale Gesinnung und suggeriere Sympathien mit dem Nationalsozialismus. Dies sei rufschädigend.

Meinungsfreiheit

Die Verteidigung plädierte auf Freispruch. Es sei in dem Artikel nicht um die Band an sich gegangen, sondern lediglich um die Träger ihrer Kleidungsstücke, hielt der Anwalt des Beschuldigten fest. Es sei eine Tatsache, dass die Band in rechtsextremen Kreisen auf einen gewissen Anklang stosse. Das dürfe in einem Zeitungsartikel durchaus geschrieben werden. Aussagen über politische Botschaften fielen in den Bereich der Meinungsäusserungsfreiheit und seien nicht strafbar. Die Anklage erkläre zudem nicht, inwiefern die besagte Bildlegende für die Bandmitglieder ehrverletzend sei.

Die Band hatte sich 2001 gegründet. Sie hat sich wiederholt öffentlich von rechts- oder linksextremem Gedankengut, aber auch von rechtspopulistischen Bewegungen wie Pegida distanziert. «Wir halten das Urteil für falsch», sagte Tamedia-Sprecher Christoph Zimmer auf Anfrage. In der Bildlegende sei nur darauf hingewiesen worden, dass es Personen gebe, die ihre rechte Gesinnung mit dem Tragen eines T-Shirts der Band zum Ausdruck bringen. Über die Band selbst habe sich «20 Minuten» nicht geäussert. «Wir prüfen einen Weiterzug.»