«In keiner Form zu tolerieren»

Liechtensteiner Vaterland vom 4.3.2010

«Rechtsextremismus ist in keiner Form zu tolerieren», sagte Innenminister Hugo Quaderer am gestrigen Mediengespräch der Regierung. Den jüngsten Brandanschlag auf ein Kebab-Bistro in Nendeln verurteilte er aufs Schärfste.

Günther Fritz

Das aktuelle Gewaltdelikt in Nendeln vom vergangenen Freitag, bei dem eine noch unbekannte Täterschaft zuerst die Fenster des kurz vor der Eröffnung stehenden Cafés mit Steinen eingeschlagen und anschliessend Molotow-Cocktails ins Innere geworfen hatte, werde von der Landespolizei mit grossem personellen und auch materiellen Einsatz konsequent verfolgt. «Die Abklärungen und Untersuchungen laufen auf Hochtouren», sagte Innenminister Hugo Quaderer gestern vor den Medien in Vaduz. Der Anschlag sei auch unmittelbar nach der Tatbestandsaufnahme von der Landespolizei bei der Staatsanwaltschaft zur Anzeige gebracht worden.

Reihe von Gewalttaten

Der jüngste Brandanschlag ist nicht der erste dieser Art in Nendeln. Bereits Ende November 2009 gab es gleich zwei Brandanschläge mit Molotow-Cocktails in einer Nacht. Damals wurde zuerst ein Molotow-Cocktail gegen ein Haus geworfen. Der Wurfbrandsatz prallte damals am Fenster ab und brannte ausserhalb des Gebäudes ab. Trotzdem entstand erheblicher Sachschaden an der Hausfassade. Kurze Zeit später wurde ein weiterer Brandsatz auf einen Balkon eines Wohnhauses geworfen. Dadurch gerieten mehrere Objekte in Brand. Die Hausbewohner konnten das Feuer rechtzeitig löschen. Auch hier entstand erheblicher Sachschaden. Ein weiterer Anschlag ereignete sich vergangenen September in Triesen: Unbekannte sprengten den Briefkasten einer liechtensteinischen Familie und deponierten vor den Trümmern einen abgeschnittenen Schafskopf. In allen Fällen fand die Landespolizei keine Hinweise auf die Täterschaft, wie Sprecherin Tina Enz der Nachrichtenagentur SDA sagte. Daher könne man weder eine Verbindung zwischen den drei Fällen noch eine zu rechtsextremen Kreisen bestätigen.

Benzinkanister: Heisse Spur?

Inzwischen wurde in Nendeln ein Benzinkanister gefunden, der möglicherweise im Zusammenhang mit dem Brandanschlag vom Freitag auf das türkische Bistro stehen könnte. Gemäss Landespolizei könnte ein Tatzusammenhang bestehen.

Hinschauen und nicht wegschauen

Obwohl noch nicht eindeutig bewiesen werden konnte, dass die Brandanschläge mit Molotow-Cocktails von einer Täterschaft mit rechtsextremem Gedankengut verübt worden sind, sprechen die Umstände für solche Motive. Regierungsrat Hugo Quaderer appellierte an der Medienkonferenz an die Bevölkerung, solche Gewalttaten nicht zu verharmlosen und beherzt und engagiert «gegen jede noch so kleine rechtsextremistische Ideologie» vorzugehen. «Ohne das Engagement der Zivilgesellschaft können wir keinen nachhaltigen Erfolg erzielen», sagte Quaderer. Die Regierung bitte die Bevölkerung, bei solchen Vorfällen hin- statt wegzusehen. «Wir sind jeden Tag aufs Neue gefordert, Mut und Zivilcourage zu zeigen.»

Keine Patentrezepte

Einen richtigen Königsweg bei der präventiven Bekämpfung extremistischen Gedankenguts gebe es leider nicht. Doch stehe fest, so Regierungsrat Quaderer vor den Medien, «dass nicht nur der Staat, sondern auch alle Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner aufgefordert sind, engagiert vorzugehen, wenn es darum geht, fremdenfeindlichen Äusserungen und Handlungen Einhalt zu gebieten.»

Verstärkte Aufklärung über Formen von Rechtsextremismus und breite bürgerschaftliche Netzwerkbildung würden helfen, rechte und gewalttätige Tendenzen im Keim zu ersticken. Das zeigten die Erfahrungen aus der Praxis. «Es gibt durchaus bewährte Aktionen gegen Rechtsextremismus, wenn auch keine Patentrezepte», führte Innenminister Hugo Quaderer weiter aus.

Massnahmenkatalog in Arbeit

Anfang November 2009 hat die Regierung zusammen mit der Gewaltschutzkommission die Ergebnisse der Studie «Rechtsextremismus in Liechtenstein» präsentiert. Auf der Basis der Studienergebnisse wird die Gewaltschutzkommission bis Ende dieses Monats einen konkreten Massnahmenkatalog gegen Rechtsextremismus erarbeiten. Wie Regierungsrat Hugo Quaderer vor den Medien weiter ausführte, waren Vorfälle aus den Jahren 2004 (Massenschlägerei Monsterkonzert) und 2008 (Oktoberfest in Mauren) der Grund für die Studie und die daraus abzuleitenden Massnahmen.

Aufklärungsarbeit notwendig

Nach Ansicht von Regierungsrat Hugo Quaderer wäre es unzureichend, bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus nur auf repressive Massnahmen zu setzen. Insbesondere junge Menschen müssten im Umgang mit rechtsextremistischen Inhalten ausreichend sensibilisiert sein. Deshalb habe die geistig-politische Auseinandersetzung und die gesellschaftliche Aufklärung Vorrang. Toleranz und Weltoffenheit seien grundlegende staatliche Werte in Liechtenstein. «Deshalb dürfen Extremismus, Rassismus und Antisemitismus keine Chance in Liechtenstein haben.»