Drei Rechtsextreme sehen sich als Opfer

NeueLuzernerZeitung

Drei Rechtsextreme sehen sich als Opfer

Rechtsextreme landen nach Krawallen an einer linken Demo vor Gericht. Die Verteidigung verlangt Freisprüche.

Wüste Szenen am 30. Oktober 2004 beim Bahnhof Willisau: An einer bewilligten Kundgebung gegen Rassismus kommt es zu massiven Ausschreitungen zwischen Rechten und Linken. Die Polizei macht die rechtsextremen Gegendemonstranten für die Krawalle, die ohne Verletzte enden, verantwortlich.

Es gelingt ihr, 18 von ihnen zu ermitteln. Alle werden beim Amtsstatthalteramt Willisau verzeigt. Drei davon akzeptieren die Verurteilung wegen Landfriedensbruchs zu Strafen von sechs bis neun Wochen Gefängnis bedingt sowie Bussen in der Höhe von rund 1000 Franken nicht.

Marcel B., Florian Z. und Benjamin R. sassen deshalb gestern vor dem Willisauer Amtsgericht auf der Anklagebank und beteuerten ihre Unschuld: «Ich habe am Krawall nicht aktiv teilgenommen, sondern nur zugeschaut», sagte Marcel B., ein 27-jähriger Kranführer aus der Agglomeration Luzern. Sein Anwalt machte schwer wiegende Mängel im Ermittlungs- und Strafuntersuchungsverfahren geltend und verlangte Freispruch.

Provoziert?

Der Anwalt von Z. und R. teilte diese Einschätzung. Auch er verlangte einen Freispruch. Florian Z., ein 23-jähriger Chemikant aus dem Kanton Bern, sei ebenfalls nur als Zuschauer vor Ort gewesen und habe bei den Ausschreitungen keine aktive Rolle gespielt.

Bei Benjamin R., einem 23-jährigen Schuhmacher aus dem Kanton Aargau, verhalte es sich etwas anders. Dieser habe zwar aktiv eingegriffen. Dies aber erst nach Provokationen durch die linken Demonstranten. Deshalb sei auch er vollumfänglich freizusprechen.

«Die Linken haben angefangen»

Der Verteidiger stellte den von Polizei und Untersuchungsrichter dargestellten Sachverhalt in Frage und drehte den Spiess um: «Die Linken haben zuerst angegriffen. Die Gewalt ging von ihnen aus», so der Anwalt von Z. und R. Alle drei Angeklagten bestreiten, heute noch der rechtsextremen Szene anzugehören. Von der linken Kundgebung hätten sie zwar gewusst. Sie seien aber in friedlicher Absicht nach Willisau gereist. «Ich hatte mit einem Kollegen zum Kaffeetrinken abgemacht», sagte etwa Marcel B.

Für den Amtsstatthalter hingegen sind in allen drei Fällen sämtliche Tatbestände des Landfriedensbruchs erfüllt. Eine persönliche Beteiligung an der Konfrontation sei dafür gar nicht nötig. Alleine durch die Präsenz hätten die drei Angeklagten die Gegendemonstranten unterstützt und damit die unter Gleichgesinnten entstandene Gruppendynamik mitzuverantworten.

Akten zeigen anderes Bild

Die Untersuchungsakten des Amtsstatthalters zeigen auch bezüglich Gesinnung der Angeklagten ein ganz anderes Bild, als diese dem Gericht präsentierten. So gaben Z. und R. bei der polizeilichen Befragung noch an, Mitglied der Helvetischen Jugend bzw. der Pnos (Partei national orientierte Schweizer) zu sein. Die Polizei konfiszierte bei beiden anlässlich von Hausdurchsuchungen reichlich nationalsozialistisches Propagandamaterial.

Bei Marcel B. wurden zahlreiche Waffen, darunter mehrere Messer, eine Teleskopstahlschlagrute, eine Hochleistungsschleuder und ein Replikat eines deutschen Wehrmacht-Dolches, sichergestellt. Er ist deshalb gleichzeitig wegen illegaler Waffeneinfuhr und verbotenem Waffenbesitz angeklagt.

Wann das Urteil des Willisauer Amtsgerichtes eröffnet wird, ist noch offen.