3½ Jahre für Schläger

Neue Luzerner Zeitung vom 20.04.2012

Rechtskräftig Ein Aargauer verprügelte an Festen im Luzerner Hinterland drei Besucher. Er muss ins Gefängnis, sein Anwalt zog die Berufung zurück.

Stephan Santschi

Passiert ist es im April 2009. Ein heute 26-jähriger Schläger verprügelte an Partys in Huttwil und Roggliswil insgesamt drei Männer. Im ersten Fall in Huttwil bedachte er einen Luzerner mit einem Faustschlag. Zwei Wochen später versetzte er in Roggliswil einem Aargauer Faustschläge ins Gesicht und zog ihm eine Bierflasche über den Kopf, danach stiess er einen Luzerner die Treppe hinunter. Letzterem wurde von einem mittlerweile verstorbenen Kollegen des Angeklagten noch mit einem stahlkappenverstärkten Kampfstiefel gegen den Kopf getreten, als er bereits bewusstlos war.

Die Opfer in Roggliswil erlitten diverse Kopfverletzungen beziehungsweise eine schwere Hirnerschütterung, Kiefer- und Zahnfrakturen. Die Luzerner Staatsanwaltschaft verlangte eine Freiheitsstrafe von 6½ Jahren und plädierte unter anderem auf versuchte eventualvorsätzliche Tötung. Der Verteidiger versuchte eine unbedingte Gefängnisstrafe zu verhindern und plädierte auf einfache Körperverletzung. Das Kriminalgericht verurteilte den Schläger aus dem rechtsextremen Milieu im Juni 2011 zu 3½ Jahren Freiheitsstrafe wegen versuchter schwerer Körperverletzung, einfacher Körperverletzung und Sachbeschädigung. Freigesprochen wurde er vom Vorwurf der versuchten eventualvorsätzlichen Tötung.

Auch höhere Strafe wäre möglich

Der Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt Beat Hess, legte daraufhin Berufung ein. Er beantragte eine Reduktion der Freiheitsstrafe auf 2 Jahre bedingt. Der Fall wurde damit ans Luzerner Obergericht weitergezogen. Die im letzten März geplante Verhandlung wurde wegen einer Krankheit des Verteidigers auf gestern verschoben. Doch auch den zweiten Termin liess die Verteidigung platzen. Hess erklärt: «Wir haben die Berufung zurückgezogen. Zu den Gründen nehme ich keine Stellung.» Gut möglich, dass die Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft abschreckende Wirkung hatte. Mit diesem Mittel kann die Staatsanwaltschaft auf eine Berufung des Angeklagten reagieren und eine noch höhere Freiheitsstrafe beantragen. Das hat Staatsanwalt Peter Bühlmann gemacht. Er plädierte auch im Fall des ersten Opfers in Roggliswil auf schwere Körperverletzung und forderte eine Freiheitsstrafe von vier Jahren. Mit dem Rückzug der Berufung des Angeklagten wird auch die Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft hinfällig. Die Opfer hatten keine Berufung eingelegt.

Kosten: Über 23 000 Franken

Der Erledigungsentscheid werde laut dem Luzerner Obergericht demnächst gefällt. Damit würde das Urteil des Kriminalgerichts rechtskräftig. Der 26-jährige muss also für dreieinhalb Jahre ins Gefängnis. Zudem trägt er die Kosten des Untersuchungs- und Gerichtsverfahrens von 11 138 Franken sowie Entschädigungszahlungen an die Opfer von insgesamt 5388 Franken. Die Kosten der amtlichen Verteidigung von total 6729 Franken gehen zu Lasten des Staates, können aber vom Angeklagten, sobald es dessen finanzielle Möglichkeiten zulassen, zurückgefordert werden. Ferner wird der Angeklagte die noch nicht bekannten zweitinstanzlichen Verfahrenskosten berappen müssen. Damit belaufen sich die Kosten für ihn auf über 23 000 Franken. Der Angeklagte, der zwischen 2004 und 2009 acht Mal vorbestraft wurde, hat laut eigenen Aussagen der rechtsextremen Szene inzwischen abgeschworen.