So verunsichern die türkischen Rechtsextremen

Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe: Gestern machte die «Nordwestschweiz» publik, dass sich die Grauen Wölfe im Kanton Baselland treffen werden. Die türkische Gruppierung gilt als rechtsextrem und potenziell gefährlich. Schätzungen gehen von mehreren hundert Personen aus, die sich am Samstag im privaten Hazal-Saal in Reinach treffen wollen. Anwohner und Politiker zeigen sich besorgt. «Normalerweise lassen wir übers Wochenende unsere Fahrzeuge draussen stehen», sagt etwa Bettina Schmid von der benachbarten Garage Schmid. «Jetzt überlegen wir uns, sie einzuschliessen.»

Deutlich werden auch die Jungsozialisten beider Basel. Sie verurteilen den Aufmarsch der Ultranationalisten aufs Schärfste. «Die grauen Wölfe sind verantwortlich für mehrere Terrorakte und Morde», betont Co-Präsident Nils Jocher. Nach dem Neonazi-Konzert in der Ostschweiz sei die Empörung riesig gewesen. Hier aber scheine dies nicht der Fall zu sein. Für die Juso ist es «grobfahrlässig, unter dem Deckmantel der falschen Toleranz solche Veranstaltungen durchzuwinken». Scharf kritisiert wird auch die «Naivität» der Baselbieter Regierung, die offenbar dem «verschleiernden Flyer der Ultranationalisten auf den Leim gegangen» sei.

Werben für Verfassungsreform

Gegen aussen wird das brisante Stelldichein der türkischen Ultranationalisten nämlich als Kulturveranstaltung verkauft. Die Verfassungsreform, die Präsident Recep Tayyip Erdoğan faktisch zum Alleinherrscher in der Türkei machen will, sei kein Thema. Recherchen im Internet ergeben jedoch ein anderes Bild: Dort heben die geladenen Ehrengäste ihre Finger zum Wolfs- gruss – ein Symbol der rechtsextremen Türken. Offensiv werben sie für ein Ja bei der Abstimmung vom 16.April.

Auch im Baselbieter Kantonsparlament war die bevorstehende Veranstaltung gestern das Thema Nummer eins. Die Parlamentarier zeigen sich sehr skeptisch. Am liebsten würden sie den Anlass verbieten lassen. Da er aber auf privatem Grund durchgeführt werde, sei dies rechtlich kaum möglich. So spricht sich beispielsweise Grünen-Landrat Klaus Kirchmayr für ein Verbot jeglicher Wahl- und Abstimmungsveranstaltungen von ausländischen Gruppierungen in der Schweiz aus. «Mit einer konsequenten Regel können heikle Einzelfalldiskussionen verhindert werden», findet er. Marc Schinzel sieht das etwas differenzierter: «Wir nehmen die Gefahr, die von solchen Gruppierungen ausgeht, auf eine zu leichte Schulter», sagt der Freisinnige. Deshalb sei er zwar für eine Bewilligungspflicht für Auftritte von ausländischen Politikern und Gruppierungen. Ein generelles Verbot geht ihm aber zu weit.

Bund bleibt zurückhaltend

Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) gibt sich derweil zugeknöpft. Eine Sprecherin sagt, der NDB wisse von dem Anlass. Den Grauen Wölfen scheint er aber keine Priorität beizumessen. Im Lagebericht 2016 wird die Gruppierung gar nicht erst erwähnt. Das erstaunt nicht. Seit Jahren warnen Experten, dass die Grauen Wölfe unterschätzt würden. Dabei kommt es auch in Europa regelmässig zu Übergriffen und gewalttätigen Zusammenstössen.

Mauer des Schweigens

Die Basler Moschee der Grauen Wölfe

Bislang traten sie kaum in die Öffentlichkeit: die Basler Anhänger der Grauen Wölfe. Schätzungen gehen von rund 100 Personen aus. Nun haben sie ihr 20-Jahr-Jubiläum bekannt gemacht. Für ihr Fest haben sie Cemal Cetin, den Präsidenten der europäischen Dachorganisation der Grauen Wölfe, eingeladen. Er ist ein offensiver Befürworter für die türkische Verfassungsreform und auf einer eigentlichen Propagandatournee.

Hinter dem Anlass in Reinach stehen die Mevlana-Moschee in Basel und ihr türkischer Verein. Aus ihrer Nähe zur ultranationalistischen MHP- Partei machen die Mitglieder kein Geheimnis. Das zeigt sich auch auf ihrer Facebook-Seite. An einem Aus-flug strahlen einige Mitglieder in die Kamera, den Finger zum Wolfsgruss geformt. Prominent posten sie zudem Bilder von Alparslan Türkes, dem Gründer der rechtsextremen MHP-Partei und der Vaterfigur der Grauen Wölfe.

Nachdem die «Nordwestschweiz» gestern über den Anlass berichtet hatte, meldete sich ein Moschee-Mitglied über die sozialen Netzwerke. Demnach werde «keine Politik» am Anlass betrieben. Und: «Wir werden Cemal Cetin sagen, dass er keine ‹Ja›-Propaganda machen soll». Das bestätigt ein Vertreter der Mevlana-Moschee auch gegenüber der SRF-Sendung «Schweiz aktuell». Er sagt, dass es beim Anlass nicht um Politik gehe. Experten bleiben kritisch.