«Roggwil aus gutem Grund»

BernerZeitung

Wie das Dorf für Familien und ein neues Image wirbt

Unter dem Slogan «Roggwil aus gutem Grund» will die Gemeinde ein Leitbild erarbeiten. Das Dorf soll auch für Neuzuzüger und Firmen attraktiver werden. Eine Marketingstrategie mit Herz: Alle Roggwiler sollen dabei mitreden.

Er ist schon in Roggwil aufgewachsen, vor 40 Jahren wieder ins Dorf zurückgekehrt. Erhard Grütter (58), Gemeindepräsident (FDP), weiss, was das 4000-Seelen-Dorf am Rande des Oberaargaus zu bieten hat. Eine Sekundarschule zum Beispiel, Vereine, einen tiefen Steuersatz, schöne Naherholungsgebiete. Und Bauland. Mit der Ortsplanrevision hat Roggwil im Herbst 2006 den Grundstein zum quantitativen Wachstum gelegt. «Das war eines der gemeinsamen Legislaturziele des Gemeinderats», erklärt Erhard Grütter. «Dort knüpfen wir jetzt an.»

2007 ist eine neue Legislaturperiode angebrochen. Mit einem weiteren gemeinsamen Ziel der Gemeinderatsparteien: Roggwil ein Leitbild zu geben. Schon seit zwei Jahren wirbt die Gemeinde mit dem Slogan «Roggwil aus gutem Grund» fürs Dorf; preist es als «Wohlfühloase»; zählt Firmen zehn Gründe dafür auf, in den Standort zu investieren.

Leitbild nicht nur auf Papier

Letzten Herbst ist der Marketingslogan zum Projekt geworden. Gemeinderäte und Gemeindeschreiber Roland Juen ? in Roggwil heisst dieser Geschäftsleiter ? haben einen ersten Lagebericht verfasst, aus dem sie nun ein Leitbild erarbeiten wollen. Mitwirken sollen alle Roggwiler. «Wir wollen nicht von oben herab bestimmen», so Grütter. «Am Ende soll das Leitbild ja gelebt werden.»

Roggwil aus gutem Grund. Tiefe Steuern, viel Bauland, Naherholungsoase. Was ist mit nationalistischen Bewegungen im Dorf, mit ausländerfeindlichen Maitannen wie 2002 oder 2005, der Gemeinderatskandidatur eines Rechtsextremen (2006)?

Weg vom «falschen Image»

«Roggwil wird von den Medien fast nur im Zusammenhang mit Rechtsextremismus erwähnt», sagt Erhard Grütter. Dass ein Pnos-Exponent im Dorf lebe, habe mit der Haltung der Gemeinde aber wenig zu tun. Ebenso die Tatsache, dass ein Privater einer rechtsextremen Band seinen Raum als Übungslokal zur Verfügung gestellt hatte. «Abgesehen von einigen Familien, hat hier niemand etwas gegen Ausländer», stellt Grütter klar.

Das «falsche rechtsextreme Image» wolle die Gemeinde loswerden. «Wir sind uns bewusst, dass wir besser kommunizieren müssen», sagt Erhard Grütter. Im Nachhinein «wirken unsere Rechtfertigungen eben immer wie Geständnisse», zitiert er einen alten Freund.

Einiges soll sich ändern in Roggwil, nicht nur die Kommunikation. «Wir haben hier ein junges, motiviertes Team», sagt der Gemeindepräsident. Auch ihn hat der Tatendrang gepackt. Vermeintliche Kleinigkeiten werden in Angriff genommen: Der Internetauftritt der Gemeinde wird verbessert, an Bauland interessierte Gewerbler zum persönlichen Treffen eingeladen. «Dort fängt es an», betont Grütter. «Wir wollen präsent sein. Nicht nur ich, der hier sowieso alle kennt.» Auch die Verwaltungsangestellten sollen ein Gesicht bekommen.

«Stimmung ist gut»

Grütter scheint die neue Herausforderung zu gefallen. Nach einem längeren krankheitsbedingten Ausfall (siehe unten) tue ihm die Arbeit gut, sagt er. Aber auch für Geschäftsleiter Juen ist er voll des Lobes. Dieser habe einen frischen Wind in die Verwaltung gebracht. Und mit seiner Motivation auch Grütter angesteckt. Immerhin: Der Gemeindepräsident amtet bereits in der dritten Legislatur. «Da fährt man sich gerne fest», sagt er. Es sei daher gut, dass die Parteien nun gemeinsame Ziele verfolgten. Die Stimmung sei gut. Eben erst hat der Gemeinderat zwei wichtige Entscheide gefällt auf dem Weg in eine bessere Roggwiler Zukunft.

Baulandnachweis erstellen

So soll nun ein Baulandnachweis erstellt und auf der Website der Gemeinde platziert werden. Die Gemeinde selbst besitzt kaum Bauland, Private dagegen viel. Damit Neuzuzüger und das Gewerbe auf die Möglichkeiten in Roggwil aufmerksam werden, soll für das Land geworben werden. «Auch den Immobilienmarkt werden wir im Internet integrieren», so Erhard Grütter.

Zweitens beabsichtigt die Gemeinde, einen Anlass für bereits lange in Roggwil heimische Grossfirmen und Dienstleistungsanbieter zu organisieren. Denn trotz allen Werbens um neues Gewerbe: «Wir wollen denen, die bereits hier sind, zeigen, dass wir stolz darauf sind, sie hier zu haben.»

Schliesslich sollen auch diese Firmen überzeugt sein, den richtigen Standort gewählt zu haben. Roggwil aus gutem Grund eben.