Rechtsextreme fürchten Strafe

BernerZeitung

Mit Repression gehen Behörden gegen Skinheads und Co. vor
martin Brodbeck

Die Kantone Baselland und Basel-Stadt versuchen Aktionsradius und öffentliche Auftritte der rechtsextremen Gruppen klein zu halten. Sie haben Erfolg – allerdings nur teilweise.

„Legal, illegal, scheissegal“ – dieses Verhaltensmuster linksextremer Gruppen gilt für die „Konkurrenzï“ von der rechtsextremen Seite nicht. Das jedenfalls hat Dieter Bongers von der Beratungsstelle Rechtsextremismus beider Basel festgestellt. Die Anlaufstelle wurde bereits im Jahr 2001 angesichts steigender Gewaltbereitschaft in rechtsextremen Kreisen geschaffen. Wie Bongers im Gespräch mit der baz ausführt, bewegen sich Rechtsextreme in einem Umfeld, welches eine Verurteilung missbilligt: „Sie fürchten sich daher vor Strafe“.

Bongers ist überzeugt, dass die staatliche Repression der letzten Jahre dazu beigetragen habe, dass die rechtsextreme Szene im Baselbiet klein geblieben sei. Einzelne Exponenten seien in den Kanton Aargau oder die Ostschweiz ausgewandert. Im Baselbiet gebe es nur noch einen kleinen Kern Gewaltbereiter, welche der staatlichen Repression bewusst trotzen wollen.

Pronto-Schock. Das war nicht immer so. Im Mai 2004 war das Baselbiet durch einen „usserst brutalen Überfall von Rechtsextremen auf den Pronto-Shop im Liestaler Bahnhof aufgeschreckt worden. In der Folge wurde von der Justizdirektion (JPMD) eine Fachgruppe „Gewalt im öffentlichen Raum“ mit einem Bericht beauftragt, der nun vorliegt (vgl. nebenstehenden Bericht).

Inzwischen, freut sich Justizdirektorin Sabine Pegoraro, sei es dem Baselbiet zusammen mit Basel-Stadt gelungen, „die Verbreitung des Rechtsextremismus in unserer Region nicht ohne Erfolg zu bekämpfen“. So habe man den Aktionsradius und die Zahl der öffentlichen Auftritte der rechtsextremen Gruppen klein halten können. Auch hätten es die rechtsextremen Kräfte bisher nicht geschafft, in „unseren Gemeinden oder im Kanton politisch Fuss zu fassen“. Zudem sei die Zahl der Angehörigen und Sympathisanten rechtsextremer Gruppen vergleichsweise immer noch gering und habe sich in den letzten Jahren nicht wesentlich verändert.

Allerdings, betont Pegoraro, dürfe man mit dem Erreichten nicht zufrieden sein: „Die Gefahr des Rechtsextremismus ist in unserem Kanton – nicht anders als in der übrigen Schweiz – noch nicht gebannt.“ Auch JPMD-Generalsekretär Stephan Mathis warnt: „Die Baselbieter Polizei schätzt die Zahl der rechtsextremen Aktivisten und Mitläufer nach wie vor auf rund 80 bis 90 Personen.“

Rotlichtmeile. Dass es zu Rückschlägen kommt, haben die Schlägereien der ersten Monate in Sissach und Liestal gezeigt, in welche nach Auskunft des Statthalteramts Liestal rechtsextreme Skinheads verwickelt waren. Vor allem die Ereignisse in Sissach seien jedoch nicht geplante Aktionen gewesen, kommentiert Rechtsextremismus-Experte Bongers: „Da sind in der Rotlichtmeile von Sissach Gruppen aufeinander gestossen, die sich nicht besonders mögen.“ Bongers warnt generell vor einer zu schnellen Etikettierung als Rechtsextreme. Diesen Begriff müsse man für hierarchisch strukturierte Gruppen mit interner ideologischer Schulung reservieren: „Nicht jeder mit Glatze und Schweizerkreuz auf dem T-Shirt ist ein Rechtsextremer.“

Pronto-Shop gibt unter 20-Jährigen keinen Alkohol

Vierzig Massnahmen. Mit einem umfangreichen Massnahmenpaket will die Fachgruppe“Gewalt im öffentlichen Raum“ die Sicherheit für die verschiedenen Bevölkerungsgruppen verbessern. Das gestern an einer Medienorientierung vorgestellte 35-seitige Papier umfasst zum Teil auch unkonventionelle Massnahmen. So konnte laut Justizdirektorin Sabine Pegoraro mit dem Pronto-Shop im Bahnhof Liestal eine aussergewöhnliche Massnahme umgesetzt werden. Der Pronto-Shop verzichte freiwillig auf die Abgabe von Alkohol an unter 20-Jährige. Damit habe die Situation beim Liestaler Bahnhof beruhigt werden können. Vierzig Massnahmen schlägt die Fachgruppe vor. Verbessert werden soll die Sicherheit insbesondere beim öffentlichen Verkehr. Damit die Massnahmen auch umgesetzt werden, fungieren zusammen mit verschiedenen Gemeinden eingeführte „runde Tische“ als Kontrollinstanz.