Rassismusurteil revidiert

Bund

Obergericht hebt Rassismusurteil gegen ehemaligen Pnos-Präsidenten teilweise auf

Die sogenannte «Schulhof-CD» verletze die Rassismusstrafnorm nicht, sagt das Obergericht. Klar rassistisch sei jedoch die Beschimpfung «Judensau». Das Gericht hebt das Urteil gegen den ehemaligen Pnos-Kantonalpräsidenten Lüthard teilweise auf.

Andreas Lüthi

Am Burgdorfer Stadtfest Solätte im Juni 2006 provozierten rechtsgerichtete Jugendliche in einem Restaurant eine Schlägerei. Am Rande des Gewaltvorfalls betitelte der damalige Kantonalpräsident der Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) Pascal Lüthard einen Restaurantgast, der zu schlichten versuchte, als «Judensau». Im November darauf verteilte der damals 21-Jährige vor einem Jugendtreff im aargauischen Murgenthal die in Deutschland produzierte sogenannte «Schulhof-CD». Sie enthält rechtsextreme Musik und verweist auf eine Homepage mit rechtsextremem Gedankengut. Der Strafeinzelrichter in Burgdorf verurteilte Lüthard wegen zweimaliger Verletzung der Rassismusstrafnorm zu einer Busse von 1200 Franken, einer Genugtuung von 100 Franken und zur Übernahme der Verfahrenskosten. Vom Vorwurf des Raufhandels und der Körperverletzung wurde der Pnos-Präsident freigesprochen.

«Lediglich eine Beschimpfung»

Lüthard zog den Fall ans Obergericht weiter. In der gestrigen Verhandlung forderte Verteidiger Fritz Tanner eine Aufhebung des Urteils wegen Rassendiskriminierung. Der Ausdruck «Judensau» richte sich nicht gegen Juden allgemein. Sein Mandant habe damit eine Einzelperson treffen wollen und mache sich so lediglich des Tatbestandes der Beschimpfung schuldig. Die «Schulhof-CD» des weitern habe keinen rassistischen Inhalt. Tanner wies auf den Bericht der Bundespolizei hin, der besagt, dass die CD die schweizerische Rassismusstrafnorm nicht verletzte.

Generalprokurator Felix Bänziger unterstützte hingegen das Urteil des Burgdorfer Strafeinzelrichters, wie dem schriftlichen Parteivortrag zu entnehmen ist. Der Ausspruch «Judensau» gehe über ein Unwerturteil gegen einen Einzelnen hinaus. Die Songtexte der «Schulhof-CD» verletzten zwar «je seperat betrachtet» die Rassismusstrafnorm nicht eindeutig, in ihrer Gesamtheit stelle die CD aber «für einen unbefangenen Bürger nichts anderes dar als Werbung für nationalsozialistisches Gedankengut», welche gemäss Antirassismusgesetz strafbar ist.

Das Obergericht unter dem Vorsitz von Hans Ulrich Gerber folgte im ersten Punkt dem Generalprokurator. Die Bezeichnung des Restaurantgastes sei eine gewollte Herabsetzung einer Ethnie und Religionszugehörigkeit. Der Angeschuldigte sei von einem Kollegen im Voraus darauf hingewiesen worden, es handle sich beim Restaurantgast um einen Juden und er habe gerade deswegen das Unwort ausgesprochen.

«CD ist jenseits der Strafnorm»

Bei der CD kam das Obergericht jedoch zu einem anderen Schluss. Das Gericht habe die Musik und die Dateien des dazugehörigen – heute abgeschalteten – Links im Internet «minutiös» analysiert. Die – kaum verständlich gesungenen – Lieder enthielten alle «rechtes bis rechtsextremes Gedankengut». Sie bewegten sich jedoch «jenseits der Rassismusstrafnorm». Die Internet-Dateien prangerten insbesondere «die Geldverschwendung» durch den deutschen Staat für Einwanderer, für internationale Organisationen oder für Auslandeinsätze der Bundeswehr an. Insgesamt seien die Argumente «nicht weit von Aussagen entfernt, wie sie auch in der schweizerischen Politik zu hören sind». Auch das Holocaust-Denkmal in Berlin und «100 andere Gedenkstätten» würden als Geldverschwendung bezeichnet. Dies sei das «einzige Stichwort, wo revisionistische Tendenzen» sichtbar würden.

Das Obergericht hob das Urteil der Rassendiskriminierung hinsichtlich der «Schulhof-CD» auf und reduzierte die entsprechende Busse auf 800 Franken. Der Verurteilte hat die Hälfte der Verfahrens- und Anwaltskosten zu tragen.