Neonazi-Konzerte nehmen zu

Schweiz am Sonntag: Deutschland warnt die Schweiz: Konzerte von Rechtsradikalen haben enorme Mobilisierungskraft.

Der deutsche Bundesverfassungsschutz erkennt einen beunruhigenden Trend: Die Zahl der Neonazi-Konzerte hat im deutschsprachigen Raum zugenommen, heisst es auf Anfrage. Die Zahl stieg in den vergangenen vier Jahren kontinuierlich an. Allein in Deutschland sind es mittlerweile über 60 pro Jahr. Wie oft es hierzulande zu solchen Festivals kommt, darüber erteilt der Nachrichtendienst des Bundes keine Auskunft. Die Schweiz dürfte aber nicht aussen vor sein. Gemäss Verfassungsschutz pflegt die deutsche Szene engen Kontakt zu ihren Schweizer Gesinnungsgenossen.

Am vergangenen Wochenende besuchten über 5000 Rechtsradikale aus halb Europa ein Konzert in Unterwasser SG. Es war eines der grössten der vergangenen Jahre. Die Teilnehmerzahl überrascht selbst die deutschen Behörden. «Ein solcher Auflauf ist aussergewöhnlich», sagt eine Sprecherin des Verfassungsschutzes. Ein Grund dürfte die deutsche Rechtsrock-Band «Stahlgewitter» gewesen sein. Sie tritt kaum mehr auf, ist in der Szene aber äussert beliebt. Mit «Amok» spielte auch eine Schweizer Band im Toggenburg. Der Andrang zeige die grosse Mobilisierungskraft rechtsextremistischer Musik, sagt die Sprecherin.

Das es so weit kommen konnte, lag am konspirativen Vorgehen der Organisatoren. Zwar hatte Deutschland die hiesigen Behörden bereits Ende Juli vor einem Grosskonzert in der Schweiz gewarnt, doch erst einen Tag vor dem Musikfestival eröffneten die Organisatoren der Szene, wo die Veranstaltung tatsächlich stattfinden würde. Eine Telefonnummer wurde herumgereicht, unter der man den Ort erfuhr: Unterwasser, St. Gallen, Schweiz.

Nur selten Einreisesperren

Dabei gäbe es die Möglichkeit, gegen rechtsextreme Bands eine Einreisesperre zu verhängen. So wie 2009. Damals stoppte das Bundesamt für Polizei den nationalistischen kroatischen Rocksänger Marko Perkovic, genannt «Thompson». Er durfte nicht in der Innerschweiz auftreten. Seither ist es allerdings kaum mehr zu Sperren für Neonazis gekommen. 2016 und 2015 wurde keinem Rechtsextremisten die Einreise verwehrt. Zuletzt durften 2014 fünf Hooligans die Schweizer Grenze nicht überqueren.

Die Sperre erfolgt auf Antrag des Nachrichtendienstes. Gemäss Ausländergesetz darf einreisen, wer keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder die internationalen Beziehungen der Schweiz darstellt.

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