Letzte Chance für Rechtsradikalen

Aargauer Zeitung vom 16.08.2011

Gericht Neonazi erhält acht Monate bedingt

Attila Szenogrady

«Ich bin ehrlich und werde meine politische Einstellung nicht ändern», hatte der heute 28-jährige Maurer aus Oberrohrdorf bereits in der Untersuchung erklärt. Das Mitglied des Vereins «Kameradschaft Baden/Wettingen» war bereits vor zwölf Jahren zur rechtsextremen Szene gestossen und hat sich seither nicht weniger als vier Vorstrafen wegen diversen Gewaltdelikten eingehandelt. Am Montag musste er sich erneut in einem Strafprozess vor dem Bezirksgericht Dietikon verantworten. Dem kräftigen Bauarbeiter lasteten die Untersuchungsbehörden nicht nur mehrfache Körperverletzung, sondern auch Rassendiskriminierung sowie eine Blaufahrt mit Unfallfolgen an. Die Anklageschrift zeigte deutlich auf, dass der Neonazi in den letzten Jahren immer wieder straffällig wurde. So auch am 12. August 2007, als er am Grümpelturnier in Ehrendingen an einer Schlägerei gegen mehrere Deutsche teilnahm und anschliessend mehrere Aargauer Kantonspolizisten mit Nazi-Parolen wie «Sieg Heil!» oder «die Gestapo wüsste schon, was zu tun ist!», beschimpfte.

Im November 2007 schlug der betrunkene Schweizer in Baden innerhalb von nur einer Stunde zwei unschuldige Passanten zusammen. Zuerst einen dunkelhäutigen Fussgänger, danach einen Kroaten. Im Juni 2010 erfolgte das vorläufig letzte Delikt, als er in Dättwil angetrunken am Steuer seines Wagens einschlief und einen Selbstunfall baute. Vor Gericht zeigte sich der Angeschuldigte geständig und führte aus, dass er künftig auf Gewalt verzichten wolle. Er werde seine politischen Anliegen nur noch in Form von Vorträgen verbreiten. Seine Entschuldigung gegenüber dem im Saal anwesenden ersten Opfer wirkte dagegen aufgesetzt. Der Verteidiger machte geltend, dass sich sein Mandant heute geändert habe und aus freien Stücken eine Psychotherapie besucht habe. Das Gericht ging auf diese Argumente ein und gab dem Angeschuldigten mit einer bedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten eine letzte Chance.

Der Richter wandelte die Vorstrafe in eine unbedingte Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 50 Franken um. Die 4500 Franken sowie einen Teil der Gerichtskosten soll der Neonazi bezahlen. Da die Staatsanwaltschaft zwei weitere Strafverfahren mangels Beweisen einstellen musste, erhielt der Angeklagte ein Schmerzensgeld von 5000 Franken.