Glarner Nazi-Skins feiern sich mit Video auf Youtube

Die Südostschweiz vom 23.2.2010

Die rechtsextreme Szene im Glarnerland zieht mit dem Übergriff am Lismerball von Ende Januar die Blicke auf sich. Im Netz stellen sich die Glarner Neonazis unverhohlen mit nazistischen Symbolen zur Schau.

Cyrill Pinto

Seit dem brutalen Übergriff auf einen 20-Jährigen am Schwandner Lismerball von Ende Januar sind drei Wochen vergangen. Letzte Woche befragte die Polizei Personen aus der Opfergruppe zu dem tätlichen Übergriff, bei dem das Opfer ins Unispital nach Zürich eingeliefert werden musste. «Das eingeleitete Verfahren wegen Körperverletzung läuft weiter», sagt Polizei-Sprecher Daniel Menzi dazu auf Anfrage.

Immer wieder sorgen junge Rechtsextreme im Glarnerland für Schlagzeilen. Szenekenner beobachten zurzeit einen Generationenwechsel in der Glarner Szene. Statt der älteren Gruppe, welche mit Übergriffen auf Juso-Veranstaltungen und Aufmärschen an der Fahrtsfeier für Aufsehen gesorgt hat, ist an deren Stelle eine Gruppe von 15- bis 20-jährigen Jugendlichen getreten, die offen zu ihrer neonazistischen Gesinnung steht und immer wieder für gewalttätige Scharmützel sorgt – zuletzt am Lismerball in Schwanden.

Die Gruppe ist selbstbewusst: Am Lismerball sprachen sie ihr Opfer mit «Bist du ein Nazifeind?» an, bevor sie zuschlugen. Die jungen Wirrköpfe fühlen sich so selbstsicher, dass sie sich in einem Video auf dem Online-Videoportal Youtube verewigt haben.

Nazi-Video «ziemlich heftig»

Das Video, unter dem Pseudonym Glarner 848 aufgeschaltet, beginnt mit der Überschrift «Division Glarnerland – Combat 18» und ist mit einem Lied der in Deutschland verbotenen Nazi-Rockband Landser untermalt. Bilder von jungen Rechtsextremen, erkennbar an ihren T-Shirts von einschlägig bekannten Bands, wechseln sich mit Symbolen der rechtsextremen Szene ab.

Glarus-Nord-Gemeinderat und Juso-Mitglied Marco Kistler kennt die rechte Szene im Glarnerland und hat sich das Video angesehen. Sein erster Kommentar: «Ich finds ziemlich heftig.» Die Nazi-Skins spielen im Video offen mit Nazi-Symbolen (siehe Box).

Kistler glaubt, dass die jugendlichen Rechtsextremen von ihrem Umfeld als harmlose Patrioten wahrgenommen werden: «Viele denken, dass das nur Patrioten sind, welche bloss die Schweiz gut finden.» Dabei ginge vergessen, dass Gewalt, Hass und ein antidemokratisches Gesellschaftsbild die Werte der rechtsextremen Ideologie sind, sagt Kistler.

Hinschauen statt wegschauen

Zivilcourage ist Kistlers Stichwort. «Das Umfeld dieser Jungen schaut weg, statt hinzuschauen», schätzt Kistler. Hier seien Eltern, Schulen und Lehrbetriebe gefordert. Aber nicht nur: «Sie können das Problem nicht alleine lösen, deshalb braucht es unterstützende Beratung.» Und die fehlt im Glarnerland gänzlich.

Um in diese Bresche zu springen, kann sich Kistler auch vorstellen, dass die Glarner Behörden mit privaten Beratungsstellen oder mit staatlichen Stellen in anderen Kantonen zusammen arbeiten. Unter anderem finden sich im Internet unter www.rechtsextremismus.ch verschiedene private und öffentliche Organisationen, welche zum Thema Rechtsextremismus beratend Hilfe leisten.

Nazi-Symbolik im Glarner Video

Das Youtube-Video «Division Glarnerland – Combat 18» verrät schon im Titel die politische Gesinnung der Akteure: Combat 18 wurde in den 90er-Jahren in England als bewaffneter Arm des Neonazi-Netzwerks Blood&Honour (Blut und Ehre) bekannt. C18 werden Bombenanschläge auf politische Gegner zugeschrieben. Combat heisst auf Englisch Gefecht. Die Zahlenkombination 18 steht für den ersten und achten Buchstaben im Alphabet – die Initialen Adolf Hitlers.

Das Video der jungen Glarner Rechtsextremisten ist mit einem Song der Deutschen Nazi-Rockband Landser untermalt. Die Band wurde 1992 zuerst unter dem Namen «Endlösung» gegründet und trat dann unter dem Namen Landser auf. Die Band wurde 2005 vom obersten deutschen Gericht zu einer kriminellen Vereinigung erklärt und verboten. Ganze Alben der Band sind in Deutschland aufgrund ihrer rassistischen und zu Gewalt aufrufenden Texte verboten.

Die jungen Glarner Nazi-Skins – auf dem Video mit schwarzen Balken unkenntlich gemacht – tragen unter anderem T-Shirts der be- kannten Schweizer Nazi-Rockband Amok. Die Band ist Polizisten der Kantonspolizei Glarus in schmerzlicher Erinnerung: Der Sänger der Band schlug zusammen mit seinem Bruder beim Überfall von Rechtsextremen im Volksgarten 2007 auf zwei Polizisten ein – die beiden Po-lizisten erlitten Verletzungen am Kopf und Rippenbrüche.

Ganz geheuer ist den jungen Glarner Rechtsextremen die Sache mit ihrem Youtube-Video nicht. Inzwischen hat «Glarner 848» sein Video wieder von der Plattform entfernt. Weiterhin hat er das letzte Album der Band Amok im Netz aufgeschaltet. Die Zürcher Nazi-Rock-Gruppe erlangte zweifelhafte Bekanntheit, als sie von der «Rundschau» des Schweizer Fernsehens dabei gefilmt wurde, wie sie das so genannte Blutlied vortrug. Eine Kostprobe davon: «Lasst die Messer flutschen in den Judenleib. Blut muss fliessen knüppelhageldick und wir scheissen auf diese Judenrepublik» …