Fischbacher als Rassist verurteilt

Tagesanzeiger 19.8.98

Das St. Galler Kantonsgericht hat den Arzt Walter Fischbacher wegen Rassismus verurteilt.St. Gallen. – Zwei Monate Gefängnis bedingt, lautet das Urteil des St. Galler Kantonsgerichts gegen den 71jährigen St. Galler Arzt. Das gleiche Urteilhatte im April 1997 bereits das St. Galler Bezirksgericht gefällt. Das Kantonsgericht teilte die Auffassung der Vorinstanz, wonach Fischbacher typischantisemitisches Gedankengut verbreitet und dadurch die Menschenwürde der Juden verletzt habe. Dies sei als ein klarer Verstoss gegen dieRassismus-Strafnorm zu werten. Gegen das Urteil hatte das ehemalige FDP-Mitglied Berufung eingelegt und einen Freispruch verlangt. Der Staatsanwaltreagierte darauf mit einer Anschlussberufung und verlangte eine viermonatige bedingte Gefängnisstrafe sowie 7000 Franken Busse (TA vom Dienstag).Darauf ging das Kantonsgericht aber ebenfalls nicht ein.Fischbacher hatte im Juli 1995 einen Brief an die „Lieben Nachbarn und Freunde“ zusammen mit der sechsseitigen Schrift „Zionisten sind nicht einfachJuden“ verschickt und teilweise persönlich in die Briefkästen seiner Nachbarn gesteckt. Darin behauptete er, dass die Rassismus-Strafnorm demSchweizervolk von zionistisch-jüdischen Politikern regelrecht angedreht worden sei. Zionistisch-jüdische Kreise seien eine gefährliche Bedrohung für dieSchweiz und arbeiteten mit derselben Repression, Willkür, Selbstüberheblichkeit und mit demselben Führungsanspruch wie die Nazis. Ihr Ziel sei dieWeltherrschaft.In der Befragung durch das Kantonsgericht sagte Fischbacher, er wolle mit seiner Aufklärung über die zionistisch-jüdischen Absichten denschweizerischen Rechtsstaat und die Freiheit des Denkens schützen. Rassistisch seien die Führer der Juden, weil sie die Rasse über die Religion stelltenund keinem Menschen erlaubten, Jude zu werden, wenn er es nicht bereits sei. Zudem hätten die Juden auch den Nationalsozialismus erfunden, behaupteteFischbacher. Sein Verteidiger bezeichnete das Anti-Rassismus-Gesetz als „gesetzliche Missgeburt“. Fischbacher war Präsident des Referendumskomiteesgegen die Rassismus-Strafnorm.(AP)