«Fairen Kaffee auf jeden ,Zmorgetisch»

Der Bund

DEMONSTRATION / Gegen die Globalisierung im Allgemeinen und das Europatreffen des World Economic Forum (WEF) in Salzburg demonstrierten in Bern am Samstag mehrere hundert Personen, vorwiegend Jugendliche. Bei McDonalds kam es zu Sachbeschädigungen, doch grössere Ausschreitungen wurden vermieden. Dass die Veranstaltung weitgehend friedlich verlief, ist vorab auf die Umsicht der Organisatoren, das Grossaufgebot der Polizei und die Anwesenheit vieler junger Frauen zurückzuführen.

rss. Wie viele es genau waren, die sich am Samstagnachmittag zusammenfanden, um in der Berner Innenstadt gegen das Europatreffen des World Economic Forum (WEF) zu demonstrieren, das heute und morgen in Salzburg stattfindet, darüber gehen die Meinungen auseinander: Die Stadtpolizei will gemäss ihrem Communiqué zwischen 500 und 600 Personen gezählt haben. Die Organisatoren die Anti-WTO-Koordination und attac Schweiz sprachen nach der Veranstaltung von knapp 1500 Teilnehmenden.Fest steht: Das Publikum war im Durchschnitt jung und aufmerksam: Beinahe wie auf einer Schulexkursion liess sich die Menge durch die Stadt führen und vor den Liegenschaften verschiedener Firmen über deren jeweilige Rolle auf dem Weltmarkt informieren. «,Starbucks verkauft 250 Gramm Kaffee zum horrenden Preis von neun Franken neunzig», tönte es etwa vor dem amerikanischen Kaffeehaus aus dem Lautsprecher des Demowagens, «die Produzenten erhalten aber gerade einmal 65 Rappen». «Fairen Kaffe auf jeden ,Zmorgetisch», forderten darum die Demonstrierenden und das «Zerschlagen der Konzerne».

Steine gegen McDonalds

An der nächsten Etappe der insgesamt dreistündigen Marschroute, bei McDonalds auf dem Kornhausplatz, versuchten insbesondere einige Mitglieder des rund zwanzigköpfigen «schwarzen Blocks», letztere Forderung in die Tat umzusetzen: Mehrere Demonstrationsteilnehmer warfen Farbbeutel, Steine und Flaschen gegen das Gebäude und verursachten damit laut Mitteilung der Stadtpolizei einen Sachschaden in der Höhe von einigen tausend Franken. Die brenzlige Situation meisterten Polizei und Organisatoren gemeinsam: Nachdem die ersten Gegenstände gegen den von Kantonspolizisten umstellten Hamburgerladen geflogen waren, bildete sich zwischen den Vermummten und dem Gebäude ein Leerraum. In diese potenzielle Kampfzone schob sich, quasi als Schutz in beide Richtungen, der Demonstrationswagen. Gleichzeitig nahm die Polizei vier Randalierer fest drei weitere verhaftete sie am Schluss der Kundgebung auf der grossen Schanze.

«Das ist informativ»

In die Demonstration einbezogen wurden immer wieder auch die Passanten: «Leute, lasst das Glotzen sein, reiht euch in die Demo ein», skandierten schwarz vermummte Jugendliche. Und weitere Protestierende drückten den Zuschauerinnen und Zuschauern nebst der Marschroute samt Erklärungen einen Zettel mit der Überschrift «Memoiren eines Gaffers» in die Hand. Tatsächlich versuchten viele Passanten, den Zweck der Demonstration zu verstehen: Als der Zug vor dem Passbüro in der Kramgasse zu stehen kam und die Stimme aus dem Wagen über das Schicksal der Sans-papiers informierte, blieben etliche mit Einkaufstaschen beschwerte Frauen und Männer stehen. «Demos sind zwar nichts mehr für mich. Aber das hier finde ich gut», kommentierte etwa eine ältere Ostschweizerin das Geschehen, «das ist informativ.» Auffallend viele junge Frauen nahmen an der Demonstration teil. Und auffallend viele unter ihnen halfen mit, durchaus mögliche Ausschreitungen zu vermeiden: «Giele, höret uf», riefen Mädchenstimmen, als Bierflaschen Richtung Bundeshaus flogen. Die jungen Frauen bewarfen die in Kampfmontur vor dem Gebäude stehenden Polizisten lieber mit Luftballons als mit Bierflaschen; eine liess statt Steinen Seifenblasen fliegen. «Lasst das bleiben», intervenierte später eine junge Frau, als der «schwarze Block» in der Hallerstrasse die Kantonspolizisten angriff, welche die Liegenschaft von PriceWaterhouseCoopers abschirmten. «Lass den Stein doch fallen, das schadet nur der Sache», versuchte später eine Jugendliche ihren aufgebrachten Kollegen zu besänftigen.

Mit 400 Polizisten

Angst vor grösseren Ausschreitungen hatten nicht nur Demonstrationsmitglieder: Auch die Polizei fürchtete im Vorfeld der Demo Gewalthandlungen und traf entsprechende Massnahmen. Zu Anfang des Umzugs waren darum fast gleich viele Polizisten unterwegs wie Demonstrierende: Insgesamt knapp 400 Polizeikräfte, darunter 240 Stadtpolizisten, waren für den Anlass mobilisiert worden. Die Zusammenarbeit zwischen Organisatoren und Behörden funktionierte: «Der Wille der Organisatoren war da, Sachbeschädigungen zu vermeiden», resümierte nach der Veranstaltung Stadtpolizeisprecher Franz Märki. Auch die Polizeiangehörigen hielten sich zurück, versuchten einzig, mit ihren Schildern fliegende Flaschen abzuwehren. Die sieben vorübergehend festgenommenen Demonstrationsteilnehmer wurden nach der Feststellung ihrer Personalien wieder freigelassen.