Die SVP und die Rechtsextremen

SonntagsBlick

Ogi schimpft mit Ueli Maurer

VON HENRY HABEGGER

BERN – Bundespräsident Adolf Ogi legt sich mit der SVP-Spitze an. In einem hartenBrief an Präsident Ueli Maurer verlangt er, die SVP müsse sich deutlich vomRechtsextremismus abgrenzen.

Das mehrseitige Schreiben des Bundespräsidenten ging diese Woche beiSVP-Präsident Ueli Maurer ein. Hart im Ton und unmissverständlich in derForderung verlangt Adolf Ogi von seiner SVP: Sie muss sich klar vomRechtsextremismus abgrenzen.

Ogi ist besorgt über die Entwicklung in der SVP. Doch die Reaktion von PräsidentMaurer auf den Brief zeigt, wie ernst die SVP-Spitze das Problem nimmt: Ogis Weibelhabe doch den Brief geschrieben, mokierte sich Maurer. Maurer will Ogi einegeharnischte Antwort schreiben, kurz und bündig, ein paar wenige Zeilen. Ein neuerEklat zwischen SVP und ihrem Bundesrat ist damit programmiert.

Das kümmert die SVP-Spitze wenig. Noch am letzten Mittwoch spielte die SVP dieProbleme mit Rechtsextremisten in den eigenen Reihen herunter. Unter der Ägidevon Christoph Blocher verzichtete der leitende Ausschuss auf klare Schritte gegendie von Extremisten durchsetzte Genfer Sektion.

Stattdessen wurde bloss Generalsekretär Jean-Blaise Defago als «Coach» für dasProblem Genf eingesetzt. Handlungsbefugnis erhielt Defago aber keine. «DieserAuftrag ist eine Falle für den ungeliebten Defago», wissen Fraktionsmitglieder. Dennan der gleichen Sitzung wurde der Generalsektretär von Blocher einmal mehr schwerkritisiert. Weil er sich in den Medien besorgt über die Probleme mit den GenferRechtsextremisten geäussert hatte.

Ogi ist derzeit einer der wenigen, die parteiintern noch Klartext zu reden wagen. AmFreitag kritisierte er in einem Interview mit der «Südostschweiz»: «Die Volks-Parteimuss sich auch langsam fragen, ob sie überhaupt noch das Volk, das gesamte Volkvertritt.»

Blocher dagegen spielt den Rechtsextremismus weiterhin herunter. Wenn schon,sind laut Blocher die anderen Parteien und der Staat am Extremismus schuld. AmDonnerstag durfte er in einem NZZ-Interview Skinheads als «Pubertierende»verharmlosen. Und er sagte: «Pubertierende haben ja ein gewisses Gespür, wennbei der Autorität etwas nicht stimmt.»


«Nach der Konsultation bei Blocher krebste Maurer zurück»

GENF – Die von Rechtsextremen unterwanderte Genfer SVP warf ihn raus, weil er zumoderat war. Jetzt schlägt Ex-Sekretär Christian Berdoz zurück und warnt: «Dieneue Rechte will die SVP infiltrieren.»

Sind die Probleme in Genf jetzt gelöst – nach dem Entscheid des leitendenAusschusses der SVP?
Christian Berdoz: Überhaupt nicht. Ich wollte zwar nicht den Ausschluss der GenferSektion, aber den Ausschluss eines halben Dutzends ihrer Mitglieder und dasAusscheiden gewisser Spitzenleute, die den Willen der SVP Schweiz seit Monatenmit Verachtung übergangen haben. Albert Camus sagte: «In der Politik bereitet jedeForm von Verachtung den Faschismus vor oder führt ihn ein.» Leider scheint in Genfjetzt alles weiterzugehen wie bisher. Mit einem Anwalt Junod, der vielleicht wenigerpräsent ist, weniger sichtbar, der aber wie gewohnt fortfahren wird, hinter denKulissen zu agieren.

Weshalb hat die SVP nicht gehandelt?
Da haben Wahl-Interessen gespielt. Zudem ist Präsident Maurer von seineranfänglich klaren Haltung zurückgekrebst, nachdem er Blocher konsultiert hat. Jetztist die SVP gefangen in ihrer Weigerung, unter Druck der Medien zu handeln. Siespielt die Gefährlichkeit der Skinheads herunter, vielleicht zu Recht. Aber sieübersieht die reelle Gefahr, die von den extremistischen Umtrieben ausgeht. DieNeue Rechte will die SVP infiltrieren.

Hat Maurer mit Ihnen gesprochen?
Nein, nicht seit meinem Rauswurf in Genf. Ich habe ihm am 13. September einenBrief geschrieben, aber nie eine Antwort erhalten. Schade auch, dass ich imleitenden Ausschuss nicht über die Vorgänge in Genf aussagen durfte.

Was tun Sie jetzt?
Ich warte die ausserordentliche Generalversammlung der Genfer Sektion amMittwoch ab. Die muss über meinen Rekurs gegen meine Entlassung als Sekretärentscheiden. Der wird aber wahrscheinlich abgelehnt. Die Genfer Sektion wurde seitzwei Jahren von Junod durchtränkt, ich habe dort keine Sympathisanten.

Selbst wenn Sie nicht rausgeworfen werden: Könnten Sie noch mit jenen arbeiten,die Sie loswerden wollten?
Wenn sie aus der Parteileitung ausscheiden – vielleicht. Jedenfalls muss dasTriumvirat Pagan, Schifferli und Junod gesprengt und ein halbes Dutzend Mitgliederausgeschlossen werden. Leute wie Dominique Menu, der wegen rassistischerÄusserungen in Genf als Lehrer entlassen wurde. Überlegen Sie selbst: Ich gelte alsmoderat und soll ausgeschlossen werden. Menu nicht. Das stimmt doch was nicht.Interview: Henry Habegger