Auch Ostschweizer auf der «Naziliste»

St. Galler Tagblatt vom 05.01.2012

Die Hacker von «Anonymous» haben Neonazi-Websites gehackt und die Benutzerdaten ins Internet gestellt. Unter den mutmasslichen Sympathisanten sind auch Ostschweizer.

René Rödiger

«Operation Blitzkrieg» – so nennt das Hacker-Kollektiv «Anonymous» seinen neuesten Streich. Über Monate wurden Websites von Neonazis und rechtsextremer Shops gehackt und die Adressen der Sympathisanten gesammelt. Am Montag wurden die Daten ins Netz gestellt. In den Datensätzen finden sich Namen, Adressen und teilweise auch Handynummern der mutmasslichen Kunden der bei Neonazis beliebten Bekleidungsmarke «Thor Steinar» und dem einschlägigen Shop «Nationales Versandhaus». Unter den Kunden der rechtsgerichteten Webseiten sind auch zahlreiche Ostschweizer aufgeführt.

Keine neuen Erkenntnisse

«Wir haben von den Listen Kenntnis», sagt Hanspeter Krüsi, Mediensprecher der Kantonspolizei St. Gallen. Aktiv wird die Polizei deswegen jedoch noch nicht. Krüsi: «Der Dienst gegen politisch motivierte Straftaten beobachtet permanent, was in der linken und der rechten Szene läuft. Die Adresskartei wird keine neuen Erkenntnisse bringen.» Die Kantonspolizei Thurgau werde sich die Liste sicher genau anschauen und die Adressen analysieren, sagt Mediensprecher Andy Theler. Ob die Polizei weitere Schritte einleitet, werde sich danach zeigen.

Echtheit nicht nachgewiesen

Problematisch an der Anti-Neonazi-Website von «Anonymous» ist, dass jeder Nutzer Informationen per Mail einreichen kann, sie also eine Art Whistleblower-Portal ist. Deshalb kann auch die Echtheit der gesammelten vertraulichen Datensätze kaum verifiziert werden.

Krüsi: «Da es sich um widerrechtlich erlangte Daten handelt, würden sie wohl auch nicht vor einem Gericht standhalten.» Die Adressliste könnte auch ohne grösseren Aufwand von Drittpersonen verändert worden sein. So könnten unschuldige Personen schnell in die Nähe rechtsextremer Gruppierungen gerückt werden. Die betroffenen gehackten Portale haben bereits Strafanzeige angekündigt. Gegenüber «hei se.de» sagte Felix Krautkrämer, Redaktor der rechtsgerichteten Zeitschrift «Junge Freiheit», dass auf der Liste nicht nur Autoren, sondern auch Interviewpartner aufgeführt seien. Diese würden selber nicht für die «Junge Freiheit» aktiv sein.