Antifa prangert Neonazis an

Basellandschaftliche Zeitung: Birsfelden · Plakate entlarven Rechtsradikale aus der Dreiländer-Region

Anonyme antifaschistisch motivierte Plakatkleber warnen die Birsfelder Bevölkerung vor Rechtsextremen. Auch in Basel tauchen seit einiger Zeit Plakate auf, die Neonazis aus der Dreiländer-Region anprangern, wie der «Tageswoche» zu entnehmen ist. Unter dem Titel «Nazi-Terror in Weil am Rhein» sind die 21 mit Foto, Name und Wohnort aufgeführten Personen nun auch in Birsfelden ausgehängt.

Gerichtliche Verhandlungen

Auslöser der Outing-Aktion ist die monatelange Belästigung und Bedrohung einer Familie in Weil am Rhein, deren Vater westafrikanische Wurzeln hat, durch eine Gruppe Rechtsextremer.

Gemäss der «Badischen Zeitung» kam es vor zwei Tagen vor dem Lörracher Amtsgericht zu mündlichen Verhandlungen mit Andreas Weigand, Gründer und Vorsitzer des Weiler Kreisverbands der Partei «die Rechte», treibende Kraft der rechtsextremen Szene in Lörrach und Mitverantwortlicher für die Belästigung der Familie. Im Gegensatz zu den meisten seiner Mittäter ging Weigand nicht auf mögliche Vereinbarungen ein, weshalb das vom Familiengericht verhängte Annäherungsverbot für ihn bis auf weiteres bestehen bleibt. Ein Gang vor das Oberlandesgericht ist nicht auszuschliessen.

Antifaschistische Gegenwehr

Auf den Nazi-Terror-Plakaten ist ein QR-Code erfasst, der auf die antifaschistische Website «linksunten.indymedia» verlinkt. Dort wird verkündet, dass die gerichtlichen Erlasse «von den Nazis schlicht ignoriert» werden. «Aus besagtem Grund stellen sich hiermit die Verantwortlichen für rechtsradikale Hetze und Gewalt der Öffentlichkeit vor», lautet die sarkastische Erklärung für das öffentliche Anprangern der Rechtsextremen.

Dass die Plakate auch in Basel und Birsfelden auftauchen, lässt sich wohl kaum allein mit den Vorfällen in Weil am Rhein erklären. Wahrscheinlicher ist, dass antifaschistische Kreise auf weitere Aktivitäten der rechtsextremen Szene in der Dreiländer-Region aufmerksam machen wollen.

«Friedlicher Widerstand»

Die angeprangerten Personen werden nicht nur mit der Belästigung der Familie in Zusammenhang gebracht, sondern sind im Landkreis Lörrach durch diverse rechtsextreme Kundgebungen gegen Flüchtlinge unter dem Namen «Friedlicher Widerstand» bekannt. Mit der Pegida Schweiz verbündeten sie sich zwischenzeitlich zur Pegida Dreiländereck, bevor es zum Bruch kam.

«Die Rechte» plante ausserdem mit anderen Organisationen für den 24. September den «Ersten Tag der Europäischen Völker». Dieser wurde jedoch «aus organisatorischen und taktischen Gründen» auf November verschoben, berichtete die «Badische Zeitung». Eine linke Gegendemo mit dem Titel «Menschen statt Völker» fand dennoch statt und wurde auf dem Portal «linksunten.indymedia» als antifaschistischer Erfolg gefeiert. Dennoch künden die Veranstalter an: «Sollten die Initiatoren des rechten Aufmarschs diesen tatsächlich auf November oder wann immer verschieben, müssen sie mit unserem vielfältigen Widerstand rechnen.» Auch Basler und Birsfelder Linke sollen sich diesem Widerstand offenbar anschliessen, denn mit der Plakat-Betitelung «Rechtsradikale aus Ihrer Region» werden sie persönlich angesprochen.

Rechtsradikaler Psychoterror

Die belästigte Familie in Weil am Rhein hat schwere Zeiten hinter sich. Was im Herbst 2013 als wüster Nachbarschaftsstreit mit Autobeschädigungen und Klingelstreichen begann, eskalierte mit dem gewaltsamen tätlichen Angriff auf die Mutter, dem Nachstellen der Kinder (6 und 15 Jahre alt) in der Schule und der konstanten Belagerung des Wohnhauses der Familie, wie die «Schweiz am Sonntag» Anfang Juli berichtete. Die Familie traute sich kaum mehr aus dem Haus. Schon beim Betreten des Balkons rief man ihnen Morddrohungen zu. Ausserdem versuchten die Belagerer auch, sie zu fotografieren. Freiwillige organisierten bald einen Begleitschutz für die Kinder.

Das Lörracher Familiengericht erliess im vergangenen Juli ein Annäherungs- und Kontaktverbot für die rechtsradikalen Stalker, welches ihnen untersagt, sich den Familienmitgliedern auf weniger als 150 Meter zu nähern. Dies gilt auch für die Wohnung und die Schule der Kinder. Obwohl sich Einzelne in den Verhandlungen nicht sehr kooperativ gezeigt haben, ist die Lage in Weil am Rhein inzwischen entspannter. Die betroffene Familie wird von der Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt «Leuchtlinie» betreut und hat von der Bevölkerung viel Solidarität erfahren. Da die meisten der angeklagten Rechtsradikalen in den Verhandlungen ihren freiwilligen Verzicht auf weitere Belästigung der Familie verkündeten, wurden mehrere gerichtliche Verfügungen mittlerweile zurückgezogen.