Rechte Konzerte im ländlichen Osten der Schweiz

St. Galler Tagblatt: Das Konzert in Unterwasser war nicht das erste in der Ostschweiz – und auch nicht das erste im Toggenburg.

Unter den Bands, die am Wochenende in Unterwasser auftraten, findet sich die Schweizer Gruppe Amok. Einzelne Bandmitglieder schrieben bereits mehrfach Schlagzeilen und schrecken auch vor Gewalt nicht zurück. Im Juli 2015 attackierten 20 Männer in Zürich auf offener Strasse einen orthodoxen Juden. Sie spuckten dem Mann ins Gesicht und schrien «Heil Hitler». Anführer der Gruppe war laut «SonntagsZeitung» der Frontmann von Amok. Bereits 2008 waren Bandmitglieder aufgefallen: Sie waren aufgrund einer Morddrohung gegen den Luzerner Journalisten Hans Stutz zu Geldstrafen verurteilt worden. Danach war es länger ruhig um die Band. Offiziell galt sie als aufgelöst. 2013 gab ihr Sänger mit neuen Musikern sein Comeback – in Ebnat-Kappel.

September 2013: Zwischen 250 und 300 Personen nehmen im Berghaus Girlen oberhalb von Ebnat-Kappel an einem Konzert rechtsextremer Bands teil. Gegenüber dem Vermieter hatten die Veranstalter angegeben, eine Klassenzusammenkunft mit 40 Personen durchzuführen. In Tat und Wahrheit handelte es sich um einen Gedenkanlass zum 20. Todestag von Ian Stuart Donaldson; der 1993 verstorbene Leadsänger der rechtsextremen Band Skrewdriver gilt bis heute als Ikone der Szene. Zu seinen Ehren werden regelmässig Gedenkanlässe organisiert. Die Girlen-Besucher waren am Konzerttag kurzfristig und per SMS ins Toggenburg gelotst worden. Das Berghaus Girlen war im Winter zuvor – und auch im Winter danach – als Unterkunft für Asylsuchende genutzt worden. Das Konzert sollte ursprünglich im zürcherischen Gossau stattfinden. Als die dortigen Behörden vom geplanten Auftritt rechtsextremer Bands erfuhren, erteilten sie den Veranstaltern eine Absage.

April 2013: Aufregung in Kreuzlingen: Es wird publik, dass die Südtiroler Band Frei.Wild in der Bodensee-Arena auftritt. Die Betreiber der Halle hatten nicht gewusst, dass die Band dem Dunstkreis der rechtsextremen Szene zugeordnet wird. Offiziell distanzieren sich die Musiker von Naziskins. Das rechte Image werden sie trotzdem nicht los. Das liegt auch daran, dass ihr Sänger früher in der Skinhead-Gruppe Kaiserjäger gespielt hatte. Die Pressesprecherin des deutschen Verfassungsschutzes erklärte damals auf Anfrage: «Wir haben die Lieder überprüft, sie sind nicht rechtsextremistisch.» Auch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften habe die Songs nicht auf den Index gesetzt. Frei.Wild war im Vorjahr bereits im Hallenstadion und im Volkshaus Zürich aufgetreten.

Dezember 2012: Die rechtsextreme Band Vargr I Veum tritt im Löwen-Pub in Riedt bei Erlen auf. Der Andrang hält sich in Grenzen, kaum fünfzig Personen besuchen die Veranstaltung. In der Konzertpause erhält der Tagblatt-Journalist ein Kärtchen zugesteckt: «Hiermit erteilt die Band der Presse Hausverbot!». Der Wirt beteuert zunächst, die Wegweisung sei nicht mit ihm abgesprochen. Doch als die Band mit dem Abbruch des Konzerts droht, sagt er: «Der grössere Teil der Band gehört zu meiner Stammkundschaft. Ich will mich mit ihnen nicht anlegen.»

Dezember 2008: Rund 50 Rechtsextremisten treffen sich in Kradolf zu einem Konzert. Anlass-Grund ist die CD-Taufe der Band Vargr I Veum. Die ebenfalls angekündigte deutsche Band White Voice tritt nicht auf; dem Gitarristen sei die Einreise in die Schweiz verwehrt worden, heisst es. Das Treffen findet im Gebäude der ehemaligen Teigwarenfabrik statt, in dem auch eine Moschee eingemietet ist. Die Veranstaltung war vom Patriotischen Ostflügel organisiert worden; die Anwesenden stammten aus dem Umfeld der Hammerskins. Bereits im Mai hatten rund 40 Personen an einem Nazi-Skinhead-Treffen in Kradolf teilgenommen.

November 2006: In einem Restaurantsaal in Sax, Gemeinde Sennwald, besuchen 150 Rechtsextremisten ein Konzert. Die Polizei kontrolliert die Eintreffenden – ihr Besammlungsort war auf dem Ricken – und überwacht das Konzert im Saal eines Restaurants. Die beiden Mitglieder des Duos Frei & Stolz, gegen die eine Einreisesperre verhängt worden war, werden umgehend ausgeschafft. Während des Konzertes kommt es – gemäss späteren Einträgen im Forum von Blood and Honour Schweiz – zu einer Abrechnung mit einem missliebigen Szenemitglied. Als Konzertort war ursprünglich das Mittelland angekündigt gewesen. Die Polizei hatte kurzfristig von der Verlegung in den Raum St. Gallen erfahren.

August 2006: Die Schweizer Hammerskins organisieren in Kradolf ein Konzert, an dem die deutsche Band Carpe Diem und die britische Gruppe Section 88 auftreten. Rund 80 Personen besuchen den Anlass in der ehemaligen Teigwarenfabrik. Die Antifa Bern hatte im Vorfeld das Datum und den genauen Veranstaltungsort publiziert. Die Thurgauer Kantonspolizei kontrolliert an Ort die Teilnehmenden und ihre Fahrzeuge. Die rechte Szene trifft sich während acht Jahren immer wieder in der Teigi – letztmals im Januar 2010; der Mietvertrag ihres «Klublokals» war aufgelöst worden.

Mai 2004: Der Patriotische Ostflügel organisiert in Amriswil ein Konzert. Es kommen rund 200 Besucher; laut Polizei stammen sie aus der Schweiz, Deutschland, Österreich und Frankreich.

Juni 2003: 140 Rechtsextremisten treffen sich in Hessenreuti, zwischen Riedt bei Erlen und Sulgen, zum «Sommerfest» auf einem privaten Grundstück. Organisiert hat den Anlass der Patriotische Ostflügel (POF); bereits ein Jahr zuvor hatte er in einem Wald bei Hessenreuti zum Fest geladen. Gründer der POF ist der Thurgauer Neonazi Pascal Lobsiger.