Rechtsrocker in Kreuzlingen

Thurgauer Zeitung vom 07.03.2013

Die Südtiroler Band Frei.Wild spielt am 19. April in der Bodensee Arena. Die Hallenbetreiber wussten nicht, dass die Band der rechtsextremen Szene nahestehen soll. Den Vertrag aufzukündigen, sei viel zu teuer.

 

IDA SANDL

KREUZLINGEN. Matthias Mölleney steht weder politisch rechts, noch ist er Nationalist. Er ist Verwaltungsratspräsident der Bodensee Arena in Kreuzlingen. Dort tritt am 19. April die Südtiroler Band Frei.Wild auf. Eine Deutschrock-Gruppe, die Hallen füllt und für den deutschen Musikpreis Echo nominiert ist. Doch Frei.Wild hat ein Problem: Sie wird dem Dunstkreis der rechtsextremen Szene zugeordnet.

Er sei aus allen Wolken gefallen, als er davon erfahren habe, sagt Matthias Mölleney. «Ich habe noch nie zuvor von dieser Band gehört.» Die Buchung sei über eine «total seriöse» Agentur erfolgt. «Wir hatten nicht den Hauch eines Verdachts.» Die Bodensee Arena vermiete die Halle nur. Frei.Wild sei selber Veranstalter des Konzerts.

Kein Verstoss gegen Gesetz

Seit Mölleney von den Vorwürfen weiss, hat er nach Möglichkeiten gesucht, den Vertrag zu kündigen. Bisher ohne Erfolg. «Die Liedertexte verstossen nicht gegen das Gesetz», sagt Mölleney. Das bestätigt auch die Pressesprecherin des deutschen Verfassungsschutzes. «Wir haben die Lieder überprüft, sie sind nicht rechtsextremistisch.» Auch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften habe die Songs nicht auf den Index gesetzt. Die Band selber könne der deutsche Verfassungsschutz nicht überprüfen, da sie aus Südtirol stamme.

Frei.Wild ist letztes Jahr im Hallenstadion und im Volkshaus Zürich aufgetreten. Er habe inzwischen mit anderen Hallenbetreibern gesprochen, sagt Mölleney. Er wollte wissen, ob es bei den Konzerten zu einem Auflauf von Rechtsradikalen gekommen sei. Das sei nicht passiert.

Rechtsextreme Vergangenheit

Die Band rückt mit eigenen Sicherheitsleuten zu den Konzerten an. Wer ein T-Shirt mit Hakenkreuz trage, müsse gehen. Offiziell distanzieren sich die Musiker von Skinheads und Nazis. Das rechte Image werden sie trotzdem nicht los. Das liegt auch daran, dass Sänger Philipp Burger in der Skinhead-Gruppe Kaiserjäger spielte, bevor er Frei.Wild gründete. Burger war zeitweise Mitglied eines Ablegers der rechten österreichischen Partei Die Freiheitlichen.

Die Südtiroler, die gerne von Heimatliebe singen, üben auch heute grosse Faszination auf die rechte Szene aus. Das Album von Frei.Wild sei Deutschrock mit patriotischem Einschlag, der der Sache der Nationalisten nur nützlich sein könne, lobt ein Funktionär der rechtsextremen NPD.

Das reicht nicht aus, um einen Vertrag zu kündigen. «Unsere Juristen haben das geprüft», sagt Mölleney. Würde die Bodensee Arena die Zusage zurückziehen, käme sie das teuer. Sie müsste der Band den entgangenen Gewinn ersetzen. Zusammen mit den direkten Kosten, die durch die Absage entstanden sind, dürfte das «sehr grob geschätzt» um die 200 000 Franken ausmachen. Dazu müsste man den Imageschaden bezahlen. Diesen Betrag würden wohl die Anwälte aushandeln. Mölleney sagt: «Das können wir uns nicht leisten.»

Höhere Haftpflichtsumme

Er werde deshalb dem Verwaltungsrat vorschlagen, der Band Bedingungen für ihren Auftritt zu stellen. So soll sich Frei.Wild in einem Interview vor dem Konzert zur politischen Haltung äussern. Die Band muss ausserdem eine höhere Haftpflichtdeckung übernehmen. Am Samstag trifft sich der Geschäftsführer der Bodensee Arena mit der Thurgauer Polizei, um über die Sicherheitsvorkehrungen zu sprechen.

Volles Vertrauen

Die Bodensee Arena gehört der Stadt Kreuzlingen, die den Betrieb finanziell unterstützt. Stadtammann Andreas Netzle: «Wir haben kein Interesse an Gruppen, die radikale, menschenverachtende oder gewaltverherrlichende Inhalte transportieren.» Er sei aber überzeugt, sagt Netzle, dass der Verwaltungsrat der Bodensee Arena die Lage richtig einschätze und rasch die notwendigen Schritte unternehmen werde.

Freiwild-Texte

 

• Das ist das Land der Vollidioten/Die denken, Heimatliebe ist gleich Staatsverrat

 

• Da, wo wir leben, da wo wir stehen/Ist unser Erbe, liegt unser Segen/Heimat heisst Volk, Tradition und Sprache/Für uns Minderheiten eine Herzenssache

 

• Für uns gab es nur einen Weg/Den man zusammen geht/Wir haben uns durchgeschlagen/Durch die Strassen durch Asphalt/Und es war die beste Schule/Innen warm und aussen kalt

 

• Immer, immer wieder/Seht her hier stehen die Sieger/Immer, immer wieder/Ertönen unsere Lieder