Mit Kette und Messer Weihnachten «gefeiert»

Langenthaler Tagblatt / MLZ vom 14.12.2010

Kreisgericht Aarwangen/Wangen Brüderpaar, das in der rechtsextremen Szene verkehrte, wegen Schlägereien verurteilt

Urs Byland

In ihren Jugendjahren sind sie vor allem durch gute sportliche Leistungen aufgefallen. Gestern stand das Brüderpaar in Aarwangen aber vor dem Richter. Sie sollen es sich zum Sport gemacht haben, andere zu verprügeln. Drohung, Raufhandel und Körperverletzung: Die Vorwürfe an die beiden einschlägig bekannten Geschwister, die der rechtsextremen Szene zugerechnet werden, sind happig. Gewütet haben sie, so die Anklage vor dem Kreisgericht IV unter Einzelrichter Fritz Aebi, zwischen Sommer 2007 und Weihnachten 2008 im Oberaargau und Kanton Solothurn.

Es war nicht einfach, bei dieser Serie von Delikten die Übersicht zu bewahren, zumal die Zeugenaussagen zu den Vorkommnissen gerade bei den Schlägereien an Anlässen oft auch ungenau waren. Mitschuldig daran dürfte der Alkoholkonsum gewesen sein, wie Gerichtspräsident Aebi festhielt. Im März dieses Jahres fand bereits ein erster Verhandlungstag statt. Gestern Morgen folgten noch die Aussagen des letzten von der Verteidigung aufgebotenen Zeugen.

Opfer in Täter verwandeln

In den Plädoyers beklagte der Verteidiger des einen Angeklagten den Ruf, der den Brüdern vorauseile: «Bei Vorfällen im Oberaargau stehen die Brüder schnell mal unter Generalverdacht», so der Vorhalt des Verteidigers. Das würde die Strafverfolgungsbehörden dazu verleiten, vorschnell zu handeln. Der Verteidiger des zweiten Angeklagten unterstützte in seinem Plädoyer seinen Kollegen. Fall für Fall versuchten beide, ihre Klienten von den Vorwürfen reinzuwaschen. Die Strategie der Verteidiger zielte auf die teilweise ungenauen, manchmal auch widersprüchlichen Zeugenaussagen. Diese versuchten aus den Opfern Täter zu machen, indem sie die Opfer als Auslöser der Aggressionen hinstellten. Die beiden Verteidiger forderten in allen Fällen Freisprüche für das Brüderpaar.

Kein Freispruch, sondern Strafe

Der Richter wollte jedoch nichts von Freisprüchen wissen. Exemplarisch verurteilte er die Brüder nicht einfach zu Geldbussen, sondern zu 8 (den Jüngeren) und 6 Monaten Freiheitsstrafen bei einer Probezeit von 3 Jahren. Auf zusätzliche Geldbussen verzichtete er, da die Brüder sich in den letzten zwei Jahren nichts mehr zuschulden haben kommen lassen, und die Verfahrenskosten bereits eine erkleckliche Summe ausmachen.

Nicht beweisen konnte das Gericht die Teilnahme der Brüder an einer Schlägerei am Waldrock-Open-Air 2007 in Röthenbach. Damals verprügelte eine Gruppe aus der rechtsextremen Ecke mehrere Personen. Die Teilnahme der Brüder konnte nicht zweifelsfrei festgestellt werden: «Dieses Verfahren hat weite Kreise gezogen, und ja, es war ein genereller Verdacht gegen die Brüder, dem keine konkreten Aussagen zugrunde lagen», so Aebi. Dennoch sei es nicht von der Hand zu weisen, dass die Brüder öfters in gefährliche Situationen verwickelt seien und sich ihren zweifelhaften Ruf auch «verdient» hätten.

Schlägerei am Weihnachtstag

Verurteilt wurde der Jüngere wegen einfacher Körperverletzung, begangen am Weihnachtstag 2007 in Oberbipp. Dieser Vorfall vor dem Anwesen des Opfers sei bewusst provoziert worden und die Kette, mit der das Opfer traktiert wurde und die klar Spuren hinterlassen hatte, sei keine in Notwehr eingesetzte Hundeleine, sondern extra mitgenommen worden: «Ich habe die Abdrücke der Kette auf den Beweisfotos gesehen», so der Richter. Der ältere Bruder war auch da und habe, das Messer in der Hand, Drohungen ausgestossen. «Sie provozierten und suchten die Konfrontation. Als das Opfer bedrohlich auf sie zukam, hätten sie einfach wegrennen können. Aber das wollten sie ja nicht», so Aebi. Später seien die Brüder erneut am Domizil des Opfers aufgetaucht und haben randaliert.

Auch bei einer Schlägerei am 6. Juli 2008 in Niederwil SO seien beide Brüder zugegen gewesen. Zum Einsatz kamen dort erneut Ketten. Fünf Personen wurden verletzt: «Es liegt nicht am Staat herauszufinden, wer was genau gemacht hatte. Beim Vorwurf des Raufhandels genügt die Beteiligung», klärte Aebi auf. Der Jüngere wurde zusätzlich wegen eines Raufhandels, begangen am 18. November in Derendingen SO, verurteilt.

Die Oberaargauer Brüder können das Urteil vor Obergericht anfechten.