Nur einer muss wirklich ins Gefängnis

BaslerZeitung

Das Strafgericht Baselland hat die sieben Angeklagten im «Pronto»-Prozess verurteilt

Thomas Gubler

Die Hauptangeklagten im «Pronto»-Prozess sind vorwiegend wegen schwerer Körperverletzung schuldig gesprochen und zu Gefängnisstrafen zwischen 17 und 30 Monaten Gefängnis verurteilt worden. Ein Verurteilter wird in eine Arbeitserziehungsanstalt eingewiesen.

Nach einwöchiger Beratung hat das Strafgericht Baselland am Freitag seine Urteile über die Hauptangeklagten im «Pronto»-Prozess gesprochen. Schuldig im Wesentlichen der schweren Körperverletzung, der mehrfachen versuchten schweren Körperverletzung, der mehrfachen Sachbeschädigung und des Angriffs lautete das Verdikt. Die sieben jungen Männer im Alter zwischen 21 und 24 Jahren gehörten einer Gruppe von Rechtsextremen an, die am 30. April 2004 beim Bahnhof Liestal einer Ausländergruppe einen Denkzettel verpassen wollten, dabei aber drei Unbeteiligte niederschlugen und den Coop Pronto Shop verwüsteten. Ungeachtet ihres effektiven Tatbeitrages wurden alle als Mittäter behandelt. «Jeder machte sich den Tatentschluss zu Eigen», sagte Gerichtspräsidentin Jacqueline Kiss.

Zwei Gruppen. Unterschiedlich fiel dann allerdings die Strafzumessung aus. Das Gericht machte einen klaren Unterschied zwischen denjenigen Angeklagten, die entweder den Überfall geplant oder bei der Ausführung dreingeschlagen hatten, und denen, die vorwiegend als Mitläufer dabei waren.

Die erste Gruppe bestand laut Anklage und den jeweiligen Geständnissen aus dem Strategen oder Hirn der Gruppe, dem Anzettler der Aktion sowie demjenigen, der sich als der eigentliche Schläger erwiesen hatte. Ersterer hat es laut Gerichtspräsidentin mittlerweile aus eigener Kraft geschafft, sich aus der Szene zu verabschieden. Er sei im Begriff, seine Vergangenheit aufzuarbeiten. Seine unbedingte Gefängnisstrafe von zweieinhalb Jahren wird deshalb zugunsten einer ambulanten Psychotherapie aufgeschoben. Der Angeklagte, der vorwiegend dreingeschlagen hat, wird aufgrund seiner schwierigen persönlichen Verhältnisse in eine Arbeitserziehungsanstalt eingewiesen. Und laut Jacqueline Kiss kann man dabei «von einer mehrjährigen Dauer ausgehen». Der Initiator der Aktion muss voraussichtlich als Einziger der sieben Angeklagten ins Gefängnis. Er erhielt zweieinhalb Jahre ohne Bewährung. Als Ältester der Gruppe sei er Anführer und Vorbild gewesen, sagte die Gerichtspräsidentin. Das Gericht gewann zudem den Eindruck, er sei noch immer im rechtsextremen Denken verhaftet.

Die so genannten Mitläufer kamen alle mit bedingten Gefängnisstrafen von 18 beziehungsweise 17 Monaten davon, bei einer Probezeit von vier Jahren. Zusätzlich wurde ihnen die verbindliche Weisung erteilt, sich einer Psychotherapie auf eigene Kosten zu unterziehen. Sie werden unter Schutzaufsicht gestellt. Zugute gehalten wurde ihnen ihr damals jugendliches Alter, ihre Geständnisse und der Umstand, dass sie sich vom rechtsextremen Milieu abgewandt haben.

Verurteilt. Die Urheber des Überfalls auf den Coop Pronto Shop vom 30. April 2004 haben mit dem gestrigen Richterspruch ihre Strafe erhalten.

kommentar

Heilen kam vor Strafen

Thomas Gubler

Eine Woche hatte die Zweite Kammer des Strafgerichts Baselland für die Beratung der «Pronto»-Urteile zur Verfügung. Und sie hat die Zeit genutzt. Die gestern verkündeten Urteile und Strafzumessungen sind jedenfalls äusserst differenziert ausgefallen. Da wurde nicht nur klar zwischen Anführern und Mitläufern unterschieden, sondern auch auf die Strafempfindlichkeit jedes Einzelnen gebührend Rücksicht genommen.

Herausgekommen sind Richtersprüche, die auf den ersten Blick milde anmuten mögen. Vielleicht milder, als sie es tatsächlich sind. Das Strafen musste dem Heilen zwar den Vortritt lassen. Dafür sind aber die angeordneten Therapien auch keine blossen Empfehlungen, sondern verbindliche Weisungen.

Nicht so ganz ins Bild passen will da lediglich die eine unbedingte Strafe für den 24-jährigen Initianten der Aktion. Juristisch ist dieses Strafmass zwar absolut vertretbar, und vielleicht gabs ja tatsächlich keine Alternative für ihn. Und dennoch steht er damit etwas gar einsam da.